„Der Bundestag hat heute eine Entscheidung zugunsten der betroffenen Frauen und Familien gefällt“, ist Carsten Schneider, SPD-Bundestagsabgeordneter aus Thüringen, überzeugt. „Mit der begrenzten Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID) in Deutschland gewähren wir eine wichtige medizinische Hilfe.“

„Es geht um Paare, die aufgrund einer schweren Erbkrankheit das Schicksal eines kurz nach der Geburt gestorbenen oder todgeborenen Kindes erfahren haben. Nur in diesen sehr schweren Einzelfällen wird die Möglichkeit einer PID eingeräumt.“ Fachleute gehen von wenigen hundert Fällen pro Jahr aus, auf die diese Regelungen zutreffen.

„Ich habe großen Respekt vor den betroffenen Frauen, die sich mit ihrem Kinderwunsch auf das Verfahren der PID einlassen“, erklärt Schneider. „Denn die Voraussetzung dafür ist das an sich schon seelisch und körperlich stark belastende Verfahren einer künstlichen Befruchtung.“

Das Ziel der PID ist es, Familien mit einem erhöhten Risiko für eine schwerwiegende genetisch bedingte Gesundheitsstörung zu ermöglichen, ein weiteres Kind zu bekommen, das nicht an dieser bereits bekannten genetischen Erkrankung leidet. „Mit der PID kann man nicht pauschal ,auf Gesundheit‘ untersuchen“, stellt Schneider klar, „sondern nur nach dem Vorhandensein oder Fehlen einer bereits in der Familie aufgetretenen – also bekannten – genetisch bedingten schweren Gesundheitsstörung suchen“. Und weiter: „Mich hat die Frage von Eltern sehr bewegt, die bereits das Schicksal eines kurz nach der Geburt gestorbenen oder todgeborenen Kindes erfahren haben, warum sie bei einer weiteren Schwangerschaft dieses Leid nicht verhindern dürfen. Mit der begrenzten Zulassung der PID ermöglichen wir nun diesen Familien in Not eine Entscheidung für ein weiteres Kind. Und wir verhindern, dass die betroffenen Frauen erst im Zuge der Schwangerschaft in einen möglichen Schwangerschaftskonflikt hineingeraten.“

Carsten Schneider ist überzeugt: „Sowohl eine klare Begrenzung als auch ein verantwortlicher Umgang mit der PID sind mit dem neuen Gesetz möglich.“ Denn der heute beschlossene Gesetzentwurf formuliert klare Voraussetzungen zur Anwendung der PID: Es gibt keinen Automatismus für eine Zulassung der PID. Jede einzelne Entscheidung wird einer interdisziplinär zusammengesetzten Ethikkommission überantwortet, die an eigens dafür zugelassenen Zentren für Präimplantationsdiagnostik eingerichtet werden sollen.

„Die heute beschlossene begrenzte Zulassung der PID bedeutet keinen ethischen Dammbruch“, betont Schneider. „In keinem anderen europäischen Land – weder in Frankreich, Großbritannien oder den skandinavischen Ländern -, in denen es seit Jahren Erfahrungen mit einer begrenzten Zulassung der PID gibt, hat es eine solche Entwicklung gegeben. Der befürchtete Werteverlust oder eine Zunahme von Diskriminierungen behinderter Menschen ist in diesen Ländern nicht eingetreten“, so Schneider weiter.

Carsten Schneider hat den Gesetzentwurf zur PID unterstützt, den die Abgeordneten Ulrike Flach, Peter Hintze und Dr. Carola Reimann und andere vorgelegt hatten und den der Bundestag heute mehrheitlich angenommen hat. Dieser beschlossene Gesetzentwurf verbietet die PID, jedoch kann von diesem Verbot in zwei Ausnahmefällen abgewichen werden: Zum einen wenn aufgrund der genetischen Disposition der Eltern für deren Nachkommen das hohe Risiko einer schwerwiegenden Erbkrankheit besteht und zum anderen, wenn eine schwerwiegende Schädigung des Embryos zu befürchten ist, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Tot- oder Fehlgeburt führen wird.

Der Deutsche Bundestag war aufgrund einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 6. Juli 2010 zur Präimplantationsdiagnostik gezwungen, das Embryonenschutzgesetz neu zu regeln. Der Bundesgerichtshof hatte auf die Widersprüchlichkeit verwiesen, einerseits die belastenden Schwangerschaftsabbrüche straffrei zu lassen, andererseits die PID – die auf einem weitaus weniger belastendem Weg dasselbe Ziel verfolgt – bei Strafe zu untersagen.

Mit der PID können bei einer künstlichen Befruchtung schwere Erbkrankheiten eines künstlich erzeugten Embryos noch vor dessen Implantation erkannt werden. Dadurch können bereits vor der Einleitung einer Schwangerschaft Fehl- und Todgeburten und die Weitergabe besonders schwerer Erkrankungen an das Kind verhindert werden.

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