Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben schon einmal über diesen Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Fiskalvertrags diskutiert. Es wurden auch Anhörungen im Haushaltsausschuss dazu durchgeführt. Im Bundesrat gab es keine Einigung, weswegen Sie den Gesetzentwurf heute erneut einbringen.
Wir als SPD-Fraktion haben eine klare Haltung: Wir wollen keine Schulden.
(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Wie in Nordrhein-Westfalen! – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: So wie in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg!)
– Jetzt warten Sie einmal! Ich bin doch noch gar nicht fertig, ganz ruhig. – So wie wir die nationale Schuldenregel in Deutschland 2009 hier im Deutschen Bundestag beschlossen haben, wollen wir auch den europäischen Fiskalvertrag goutieren und implementieren.
Was bedeutet das? Durch den Fiskalvertrag wird die Schuldenregel in die nationalen Gesetze in Europa aufgenommen, ob nun in Athen, in Madrid – oder in Brunsbüttel.
(Heiterkeit der Abg. Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das bedeutet aber nicht, dass deren Einhaltung kontrolliert wird. Das ist ein großer Fehler. Warum kann die Einhaltung nicht im Rahmen des Fiskalvertrages kontrolliert werden? Sie kann nicht kontrolliert werden, weil es nicht um europäisches Sekundärrecht geht, sondern um einen zwischenstaatlichen Vertrag. Das ist der grundsätzliche Fehler, den die Regierung – vorneweg Frau Merkel – gemacht hat. Es ist nicht gelungen, eine einheitliche Regelung zu schaffen. Das europäische Recht ist ein Flickenteppich. Das trägt nicht zu Glaubwürdigkeit und Transparenz bei.
Nun zu Deutschland. Wir als SPD-Fraktion haben im Zuge der letzten Beschlussfassung gemeinsam mit den Grünen – bei den Linken bin ich mir nicht mehr ganz sicher – einen Änderungsantrag eingebracht. Wir haben auch eine Anhörung dazu durchgeführt. Ich möchte das hier und heute im Deutschen Bundestag noch einmal aufgreifen. Es geht um die Frage: Welche Rolle spielt das Parlament, der Deutsche Bundestag, eigentlich bei der Kontrolle der nationalen Haushalte, sowohl angesichts der zunehmenden europäischen Vernetzung als auch angesichts der stärkeren Gouvernementalisierung? Das bedeutet, dass immer mehr Aufgaben auf die Regierung ausgelagert werden, ohne dass die Parlamente – sowohl was die Personalausstattung als auch die eigenen Rechte betrifft – in der Lage sind, ihrer Haushaltsverantwortung gerecht zu werden.
Das Ergebnis der Anhörung war so eindeutig, wie ich es noch nie erlebt habe. In diesem speziellen Punkt, in der Frage, ob es ein unabhängiges Gremium gibt, das die Finanzpolitik der Regierung auswertet, ihr keine Empfehlungen gibt, aber ihre Politik bewertet, waren alle Sachverständigen, auch die von der Union berufenen, eindeutig der Auffassung, dass das, was vorgelegt wurde, nicht ausreichend ist.
(Bettina Hagedorn [SPD]: Ja!)
Ich gehe sogar so weit, zu sagen: Sie implementieren ein von der Kommission gefordertes unabhängiges Gremium mit neun Mitgliedern, von denen sechs einer Partei angehören und daher bestimmte Interessen verfolgen, also mehr oder weniger weisungsgebundene Beamte sind. Im Endeffekt sind es die Finanzminister selbst, die über Strafzahlungen oder andere Interventionen entscheiden. Letztendlich bleiben wir mit dieser Vereinbarung weit hinter den europäischen Vereinbarungen zurück, die wir mit dem Six-Pack korrigiert haben. Das ist ein Rückschritt. So wird die Finanzpolitik nicht glaubwürdig. Auf dieser Basis kann das Parlament nicht vernünftig im Bundestag diskutieren. So kann das Parlament keine Auswertung vornehmen und keine Alternativen aufzeigen. Deshalb wäre es im Interesse des Haushaltsausschusses und des gesamten Parlaments klug, so meine ich, diese Chance zu nutzen und im Gesetzgebungsverfahren auf die Vorschläge der Sachverständigen einzugehen.
Es wäre klug, dem Bundestag die notwendigen Mittel an die Hand zu geben,
(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Du wolltest doch keine Schulden machen!)
damit wir über die Finanzpolitik – schließlich tragen wir die Hauptverantwortung für die Budgetpolitik – diskutieren können, damit wir auf einer breiten, fundierten Grundlage eine öffentliche Diskussion führen können. Ich glaube, das wäre in unserem eigenen Interesse. Ich hoffe, dass es uns gelingt, dies zu implementieren.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
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