Am vergangenen Samstag fand der erste ordentliche Landesparteitag der SPD nach der Landtagswahl in Thüringen statt. Da die Regierungsbildung auch in den eigenen Reihen nicht unumstritten war, aber doch sehr positiv verlaufen ist, hatte man mit einer gewissen Erwartungshaltung an den Parteitag. Christoph Matschie, Thüringer Kultusminister und stellvertretender Ministerpräsident, und Matthias Machnig, Thüringer Wirtschaftsminister, resümierten zu Beginn die Monate seit der Koalitionsbildung und unterstrichen einmal mehr die sozialdemokratische Handschrift der Regierungspolitik in Thüringen. So konnte die SPD wichtige Vorhaben wie beispielsweise das längst überfällige Landesprogramm gegen Rechtsextremismus und das Konzept der Thüringer Gemeinschaftsschule auf den Weg bringen oder auch die Abschaffung des Verwaltungskostenbeitrages an den Hochschulen durchsetzen.

Neben zahlreichen inhaltlichen Diskussionen von der Arbeitsmarktpolitik bis zu Verwaltungsreformkonzepten standen turnusgemäß wichtige Personalentscheidungen zur Abstimmung. Christoph Matschie wurde von den Delegierten mit über 80 Prozent zum wiederholten Mal als Landesvorsitzender bestätigt. Als seine Stellvertreter wurden Sozialministerin Heike Taubert, die Bundestagsabgeordnete Iris Gleicke, Landrat Frank Roßner und der Erfurter Oberbürgermeister Andreas Bausewein gewählt. Cornelia Kraffzick ist wieder Schatzmeisterin.

Auch wenn im Vorfeld viel über den inneren Zusammenhalt der Partei spekuliert wurde, lässt sich sagen: Die Thüringer SPD ist gestärkt aus dem Parteitag hervorgegangen. Nun gilt es weiter anzupacken: Gemeinsam für ein soziales und gerechtes Thüringen!

Carsten Schneider, Sprecher der Thüringer SPD-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, hält die Kritik aus der CDU-Landesgruppe an Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig für völlig haltlos.

„Das schwarz-gelbe Chaos der Bundesregierung scheint einige Thüringer in der Koalition spürbar nervös zu machen. Um von einigem Unvermögen abzulenken, werden sinnvolle und vernünftige politische Konzepte mit unberechtigter Kritik torpediert. Die Thüringer Abgeordneten von CDU und FDP sollten sich lieber stärker für die Interessen des Freistaates und des gesamten Ostens einsetzen“, sagt Schneider.

„Eines hat sich in den Beratungen zum Bundeshaushalt 2010 klar und deutlich gezeigt: Die schwarz-gelbe Koalition hat den Osten abgeschrieben. So kürzt sie die Sondermittel für die Gemeinschaftsaufgabe ‚Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur‘ aus dem Konjunkturpaket II um 10 Millionen Euro. Und das Förderprogramm ‚Goldener Plan Ost‘ zur Errichtung von Sportstätten in den neuen Bundesländern hat sie gleich ganz abgeschafft.“

„Dass Minister Machnig mit seiner Position richtig liegt, zeigt sich auch darin, dass selbst Thüringens CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht gleicher Meinung ist. Es war höchste Zeit für Thüringen, endlich einen Wirtschaftsminister in der Landesregierung zu haben, der auf Bundesebene wahrnehmbar die Interessen des Freistaates und des gesamten Ostens vertritt“, so Schneider abschließend.

Zum Abschluss der Beratungen des Bundeshaushaltes 2010 im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages erklärt der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Carsten Schneider:

Die Neuverschuldung im Haushalt 2010 ist gegenüber dem Entwurf von 85,8 Mrd. Euro auf 80,2 Mrd. Euro zurück gegangen. Das ist gut. Es ist aber überhaupt kein Verdienst der schwarz-gelben Koalition. Sie feiert einen Erfolg, der nicht ihrer ist.

Dank der leicht verbesserten konjunkturellen Entwicklung insbesondere auf dem Arbeitsmarkt und der extrem günstigen Zinsentwicklung gehen die Ansätze in diesen Bereichen um über 5 Mrd. Euro zurück, ohne dass diese Regierung oder diese Koalition dafür hätte einen Finger rühren müssen. In den Haushaltsberatungen hat die Koalition lediglich rund 800 Mio. Euro gekürzt, das heißt gerade ein Viertel Prozent des Haushaltes. Sie rühmt zwar die Zahl der Anträge, die meisten sind aber zum größten Teil Augenwischerei.

Fast die Hälfte dieser angeblichen Kürzungen entfällt auf Personalausgaben, obwohl gleichzeitig über 1.000 neue Stellen beschlossen worden sind. Damit sind das rein virtuelle Kürzungen, denn das vorhandene Personal muss in jedem Fall bezahlt werden. Wenn die Personalansätze dafür nicht reichen, wird eben flexibel quer oder überplanmäßig finanziert. Ein großer Rest der übrigen Einsparungen steht auch nur auf dem Papier, weil vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen sind. Wenn die jetzt abgesenkten Ansätze schließlich nicht ausreichen, wird auch da nachfinanziert werden müssen.

Allein beim A400M wurden 100 Mio. Euro des Ansatzes von 250 Mio. Euro 100 Mio. Euro gekürzt, obwohl der Staatssekretär im Ausschuss erklärt hat, nach der geltenden Vertragslage müssen dieses Jahr 250 Mio. Euro bezahlt werden.

Diese erste „Sparliste“ der Koalition ist eine Mogelpackung, die wir uns deshalb in großen Teilen nicht zu eigen machen konnten: Sie widerspricht den haushaltsrechtlichen Grundsätzen von Haushaltswahrheit und -klarheit. Die SPD-Haushälter haben ein eigenes Sparkonzept vorgelegt, das die Neuverschuldung auf 77,8 Mrd. Euro absenken würde.

Dabei haben wir dennoch auch Schwerpunkte auf der Ausgabenseite gesetzt: Für die Entwicklungshilfe haben wir zusätzlich 1,25 Mrd. Euro beantragt, für Maßnahmen der Bildung und Forschung 230 Mio. Euro und zur Entlastung der Gemeinden 400 Mio. Euro (Kosten der Unterkunft).

Der misslungene Sparanlauf der Koalition macht uns für 2011 und die Folgejahre noch misstrauischer als bisher. Diese Koalition weiß nicht, was sie will. Sie hat kein Konzept. Dabei sind die Probleme gewaltig. Ab 2011 müssen Jahr für Jahr 10 bis 15 Mrd. Euro eingespart werden, um die Regelung der Schuldenbremse und die Vorgaben des Europäischen Stabilitätspaktes einzuhalten sowie die steigenden Zinsausgaben finanzieren zu können. Und nach wie vor verweigert die Koalition den Bürgerinnen und Bürgern jede Auskunft, wie sie diese immense Sparanstrengung erbringen will. Nach dem Mikado-Prinzip hält sie still und duckt sich bis zur NRW-Wahl weg, in der Hoffnung, die Wähler in NRW würden schon nicht merken, dass die Grausamkeiten noch kommen müssen. Aber welche das sind, will die schwarz-gelbe Koalition jetzt noch nicht sagen. Oder hat die Regierung gar kein Konzept und taumelt dem Sommer entgegen?

Dieser völlig unklare Kurs gefährdet die wirtschaftliche Entwicklung. Die Verunsicherung von Bürgern und Unternehmen lähmt die Wirtschaftskräfte dieses Landes. Mit ihrer völlig unambitionierten Politik gefährdet diese Koalition auch die Stabilität in der Euro-Zone. Die anderen Mitgliedsländer schauen zu Recht auf Deutschland. Wenn Finanzminister Schäuble seine Konsolidierungsankündigungen nicht mit konkreten Maßnahmen untersetzt, kann er auch nicht glaubwürdig gegenüber Griechenland und anderen Ländern als haushaltspolitisches Gewissen auftreten. Wie kann man am griechischen Haus herumkritisieren, wenn man sein eigenes nicht in Ordnung bringt?

Die einzigen Nutznießer dieser schwarz-gelben Haushaltspolitik ist die Klientel, die CSU und FDP so freizügig bedienen – und die Bundeskanzlerin und der Bundesfinanzminister lassen das zu. So wurde die Gemeinschaftsaufgabe Agrar und Küstenschutz, die gerade kleinen Handwerksbetrieben zu Gute kommt, um 25 Mio. Euro gekürzt, während 300 Mio. Euro für ein Grünland-Milch-Sonderprogramm an bayerische Landwirte fließen. Zugleich wird den Verbraucherinnen und Verbrauchern eine Stiftung zur Finanzierung der Verbraucherberatung verweigert – der Wunsch von Verbraucherministerin Aigner wird glatt ignoriert. Während Minister Westerwelle gegen Arbeitsuchende wettert, sperrt die Koalition 900 Mio. Euro für die Arbeitslosen, die durch Fortbildungs- und Eingliederungsmaßnahmen gerade versuchen, am Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen – ein Schlag ins Gesicht der Fleißigen. Denn Ministerin von der Leyen weiß genau, dass aufgrund dieser Sperre jeder ARGE und jeder Optionskommune erst einmal knapp ein Sechstel weniger Geld zugewiesen werden wird.

Im Umweltbereich streicht Schwarz-Gelb knapp 20 Mio. Euro für das Marktanreizprogramm für Erneuerbare Energien und sperrt weitere 115 Mio. Euro – während Minister Röttgen mit diesem Geld den Leitungsbereich seines Ministeriums und seines Büros für 2 Mio. Euro umbaut und einen zusätzlichen Kommunikationschef mit ca. 8.000 Euro Brutto im Monat einstellt. Soziale, öffentliche und kulturelle Einrichtungen können also keine klimafreundlichen und CO2-sparenden Glühlampen mehr kaufen, weil das Ministerium schöner werden soll.

Im Verkehrs- und Bauetat verkündet Minister Ramsauer stets, er wolle mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene und Wasserstraße bringen – und streicht zugleich mit 64 Mio. Euro etwa die Hälfte der Mittel, die für den Ausbau der Schnittstellen dieser Verkehrswege (sog. „Kombinierter Verkehr“) vorgesehen sind. Dafür soll nun aber der Transrapid – ein Verlustgeschäft – weiter gefördert, indem die Teststrecke weiter betrieben werden soll – nur zum Nutzen der beteiligten Industrie.

Für die Klientel und gegen die Zukunft war das Leitmotiv der Koalition für die Maßnahmen in den Einzelplänen. Deutschland hätte Besseres verdient!

Die Standortsuche für das neue Bauhausmuseum in Weimar nähert sich ihrem Abschluss. Es schien wie eine niemals enden wollende Geschichte. Aber spätestens zum 30. Juni sollen nun die Würfel fallen.

Im November 2007 konnte die SPD bei den Haushaltsverhandlungen im Bundestag durchsetzen, dass die Klassik Stiftung in Weimar 45 Millionen Euro zusätzlich vom Bund erhält. Damit sollte vor allem das Bauhaus-Museum einen repräsentativen Neubau erhalten. Allein für dieses Projekt stehen einschließlich der Ko-Finanzierung durch das Land Thüringen ca. 23 Millionen Euro zur Verfügung. Die anfängliche Euphorie in Weimar wich aber einer zunehmenden Ernüchterung über den nur schleppend vorangehende Erarbeitung einer Konzeption und die im Anschluss geführte Standortdiskussion durch die Klassik Stiftung.

Nach einer Phase langen Schweigens stellte die Stiftung vier mögliche Standorte für den Neubau vor: den Theaterplatz, den Minolplatz (früherer Standort einer Tankstelle auf dem heutigen Parkplatz an der Weimarhalle), den Frauenplan und die Mensa der Bauhaus-Universität am Ilmpark. Nachdem der Frauenplan zügig aus der Diskussion verschwunden war, sollten die verbliebenen drei Orte noch lange für Gesprächsstoff sorgen: Im Sommer 2009 favorisierte der Stadtrat den Minolplatz, der Stiftungsrat votierte jedoch für den Theaterplatz. Daraufhin einigten sich beide Seiten, den Mensastandort zu prüfen. Dieser ist nicht geeignet, ergab die Prüfung nach einem weiteren halben Jahr. Somit stehen nunmehr nur noch zwei Standorte in der Diskussion. Die neue Landesregierung bringt seither Schwung in die Debatte und will die Entscheidung forcieren. Der ursprünglich geplante Eröffnungstermin im Jahr 2012 ist trotzdem längst nicht mehr zu halten. Am Standort „Minol“ könnte frühestens im Herbst 2014 die Eröffnung gefeiert werden – am Theaterplatz sogar erst im Frühjahr 2015.

Damit es nicht zu weiteren Verzögerungen kommt, müssen sich Stadt, Land und Bund im Stiftungsrat nun zügig einigen. Dass man daran noch zweifeln kann, zeigt eine aktuelle Entwicklung: Nachdem das Kultusministerium der Bitte der SPD-Stadtratsfraktion entsprochen hatte, die Weimarer Bürgerinnen und Bürger an der abschließenden Standortfindung zu beteiligen, verkündete die Klassik Stiftung, dass diese öffentliche Anhörung am 5. März stattfinden soll – jedoch unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat heute zusätzliche Mittel für die Digitalisierung der Kinos in Höhe von 4 Millionen Euro in diesem Jahr bereitgestellt. CDU/CSU und FDP haben verhindert, dass sogar – wie von der SPD gewollt – 7 Millionen Euro bewilligt werden. Der Bund hat ein wichtiges Signal gesetzt, aber gleichzeitig betont, dass auch die Länder und die Filmgesellschaft ihren Teil beitragen müssen.

Carsten Schneider sagt dazu: „Durch den technischen Fortschritt erhalten die Kinobetreiber die Filme heute nicht mehr auf Rollen, sondern auf Festplatten. Und die zum Vorführen erforderliche digitale Technik kostet sehr viel Geld – Geld, was sich die kleinen Kinos einfach nicht leisten können.“

Große Kinoketten wie UCI dagegen können die Investitionskosten selbst aufbringen. „Aber vor allem den kommunalen Kinos fehlt das notwendige Kapital. Sie sollen von den neuen Bundesmitteln profitieren. Schon vor der Wirtschaftskrise wurde gern bei ihnen gespart. Jetzt, da die Finanzlage der Gemeinden dramatisch ist, sind viele vom erzwungenen Sparkurs ihrer Kommunen besonders betroffen“, so Schneider weiter.

Die neuen Mittel sind im Bundeshaushalt 2010 festgeschrieben, der in der übernächsten Woche abschließend im Deutschen Bundestag beraten wird. Wie die Digitalisierung im Einzelnen zu leisten ist, wird derzeit noch diskutiert. Die SPD-Bundestagsfraktion erarbeitet die dafür notwendigen Eckpunkte, um diese so schnell wie möglich in den parlamentarischen Entscheidungsprozess einzubringen.

„Ich hoffe, dass die Einzelheiten bald geklärt sind, damit der ‚Kinoclub am Hirschlachufer‘ in Erfurt und das ‚mon ami‘ in Weimar als kommunale Spielstätten in meinem Wahlkreis endgültig ins digitale Zeitalter aufbrechen können“, so Schneider abschließend.

Ohne jede Vorankündigung hat die schwarz-gelbe Regierungskoalition das Sonderförderprogramm „Goldenen Plan Ost“ zur Errichtung von Sportstätten in der heutigen Sitzung des Haushaltsausschusses ersatzlos gestrichen. Carsten Schneider, SPD-Bundestagsabgeordneter für Erfurt und Weimar, kritisiert diese Entscheidung mit Nachdruck: „Dieses Vorgehen ist unbegreiflich. Das Programm ist absolut notwendig, denn nach wie vor gibt es bei den Sportstätten ein großes Gefälle zwischen Ost und West. Außerdem haben die Erfolge der ostdeutschen Sportler bei der Olympiade doch gerade erst gezeigt, wie wichtige solche Investitionen in die Zukunft des Sports sind.“

Die rot-grüne Bundesregierung hatte das Förderprogramm 1999 aufgelegt – als wichtiges sportpolitisches Signal für Ostdeutschland. Förderfähig waren der Neubau, die Erweiterung und der Umbau von Sportplätzen, Sporthallen, Hallen- und Freibädern und von speziellen Anlagen für einzelne Sportarten. Das Programm hatte einen Umfang von 2 Millionen Euro jährlich. Diese Mittel mussten kofinanziert werden und wurden entsprechend der Einwohnerzahl der Länder verteilt. Für Thüringen waren rund 322.000 Euro im Jahr aus dem Bundeshaushalt vorgesehen.

Aus dem Sonderprogramm „Goldener Plan Ost“ hat der Bund in den letzten Jahren mehrere Thüringer Sportstätten mit jeweils 322.000 Euro gefördert: Neubau einer 3-Felder-Sporthalle in Saalfeld (2007), Umbau des Nordbades in Erfurt (2008) und Neubau einer Schwimmhalle in Gotha (2009).

Für die „Neue Gesellschaft/ Frankfurter Hefte“ habe ich für die Ausgabe März 2010 folgenden Beitrag verfasst:

Noch ist die Kanzlerin keine 100 Tage im Amt, doch schon jetzt steht fest, dass Deutschland unter der „Wunschkoalition“ geschwächt aus der Wirtschafts- und Finanzkrise hervorgehen wird. Das Trauerspiel begann bei den Koalitionsverhandlungen: Die Bundeskanzlerin versäumte, sich mit ihrem Wunschkoalitionspartner über die Grundsatzfrage zu verständigen, welche Rolle sie dem Staat zubilligen wollen. Soll der Staat dem Markt im Interesse der Allgemeinheit künftig Grenzen setzen? Dann hätte Angela Merkel die FDP zu ideologischer Abrüstung zwingen müssen. Weit gefehlt. Ungebremst setzen die Liberalen „im Namen der Freiheit“ ihren Feldzug gegen den „teuren Schwächling“ Staat in der Regierung fort – Krise? Welche Krise?

Dabei wird die Finanz- und Wirtschaftskrise auch in dieser Legislaturperiode den Rahmen der Haushalts- und Finanzpolitik bilden. Durch die Krise steigt das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2010 auf 144,5 Milliarden Euro. Davon entfallen 86 Milliarden Euro auf den Bund, der schließlich den Löwenanteil der Kosten zur Krisenbewältigung trägt. Wie der Haushaltsabschluss für 2009 zeigt, wurde das zusätzlich aufgenommene Geld klug investiert. Die Konjunkturpakete und die Ausweitung des Kurzarbeitergeldes haben den Abschwung deutlich abgefedert. Die Folge: Der Bund musste weniger Geld ausgeben als zwischenzeitlich geplant und statt 49 Milliarden Euro nur 34 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen.

Nach dem Krawall in der Koalition zum Jahreswechsel signalisieren einige Koalitionäre Bereitschaft, angekündigte weitere Steuersenkungen auf das Ende der Wahlperiode zu verschieben. Dabei gerät aus dem Blick, dass aufgrund der neuen Schuldenregel im Grundgesetz schon ohne zusätzliche Steuergeschenke erheblicher Konsolidierungsbedarf besteht. Laut Verfassung muss Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble jedes Jahr aufs Neue mindestens zehn Milliarden Euro einsparen – oder zusätzliche Einnahmen generieren. Die Entlastung der Arbeitgeber bei der Gesundheitsversicherung sind in dieser Rechnung noch ebenso wenig berücksichtigt wie das irrsinnige Betreuungsgeld oder die Neuverteilung der Umsatzsteuer zugunsten der Länder.

Wolfgang Schäuble muss endlich die Karten auf den Tisch legen und eine mittelfristige Finanzplanung vorlegen, die darstellt, wie der Bundeshaushalt konsolidiert werden soll. Für seine bisherige Untätigkeit gibt es nur zwei Erklärungen: Entweder hat er überhaupt kein Konzept, oder er will es bis nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen unter Verschluss halten, um sich vorher einer öffentlichen Diskussion über die wahren Ziele von Schwarz-Gelb zu entziehen. Beides ist nicht akzeptabel. Nicht zuletzt verunsichert der Finanzminister die wirtschaftlichen Akteure und gefährdet den Aufschwung in Deutschland.

Mit der Unterstützung der Steuersenkungskampagne der FDP macht sich Angela Merkel der Beihilfe zur Veruntreuung von Volksvermögen schuldig. Sie trägt die Verantwortung dafür, dass der Staat auf allen Ebenen abgewrackt wird und seine Funktionen – etwa bei der Sicherung von Chancengleichheit und der Daseinsvorsorge – nicht mehr erfüllen kann. Einige Lobbyisten und Besserverdiener profitieren zulasten der Mehrheit der Bevölkerung. Und mit dem Ausstieg aus der paritätischen Finanzierung im Gesundheitswesen sowie mit der Einführung des „Bürgergeldes“, die in CDU und FDP vorbereitet wird, verabschiedet sich die Koalition sogar systematisch vom Solidarprinzip.

So verkommt die soziale Marktwirtschaft, die die Unionsparteien als Monstranz vor sich hertragen, zu einer leeren Begriffshülle. Zwar versucht Merkel weiter, die Bürger rhetorisch einzulullen, um sie in Sicherheit zu wiegen. Doch dass ihrer Politik zuvörderst ein machttaktisches Kalkül zugrund liegt, hat sie in der „Berliner Erklärung“ auf der Jahresanfangsklausur der CDU selbst offen zugegeben.

Kein Wunder also, dass sich die Menschen angesichts des wachsenden Schuldenbergs große Sorgen machen. Die ideologische Politik der Bundesregierung gefährdet in der größten Wirtschaftskrise seit 80 Jahren das Vertrauen der Bürger in die Funktionsfähigkeit unseres politischen Systems. Dagegen steht die SPD wie keine andere Partei seit mindestens zehn Jahren für stabile öffentliche Finanzen. Allein die SPD will einen handlungsfähigen Staat, der gleiche Lebenschancen für alle Menschen garantiert. Denn: Nur Reiche können sich einen armen Staat leisten. Diese Kompetenz werden wir als eines unserer zentralen Markenzeichen verteidigen. Die Menschen erwarten von der größten Oppositionskraft keine Wünsch-Dir-Was-Maßnahmenkataloge, sondern schlüssige politische Alternativen. Für einfache Antworten sind andere zuständig.

Damit Politik und Staat auch in Zukunft handlungsfähig bleiben, muss nach der Bewältigung der Krise die Konsolidierung Priorität erhalten. Weitere Einnahmeverluste für Bund, Länder und Gemeinden sind nicht vertretbar, schon gar nicht durch sozial ungerechte Steuersenkungen. Deshalb wird die SPD an ihrem bisherigen Kurs zur Krisenbewältigung festhalten. Zum einen geht es darum, die Auswirkungen der Krise auf die Menschen in unserem Land abzumildern. Zum anderen wollen wir die Ursachen bekämpfen, damit sich eine solche Krise nicht wiederholen kann. Unsere Leitlinie: Diejenigen, die die Krise herbeigeführt haben, müssen auch dafür haften. Und jene Akteure auf den Finanzmärkten, die von den staatlichen Rettungsmaßnahmen unmittelbar, aber auch mittelbar profitieren, müssen die Kosten tragen, die den öffentlichen Haushalten entstanden sind. Wir brauchen effektive, umfassende Regeln, um ein erneutes Versagen der Akteure auf den Märkten zu verhindern. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet Präsident Barack Obama im erzliberalen Amerika jetzt eine Bankensteuer einführt, wie sie die SPD lange fordert. Nur Angela Merkel will weiter nichts davon wissen.

Ebenso verzagt agiert Schwarz-Gelb bei der Bekämpfung der Kreditklemme. Während die Banken ihre Risikovorsorge erhöhen und die Zahl der Unternehmensinsolvenzen steigt, heuert diese Regierung einen Kreditmediator an, der erst Anfang März seine Arbeit aufnimmt, aber gar keine Entscheidungsbefugnisse hat. Auch hier zeigt sich: Diese Koalition kennt kein Maß und keine Mitte. Es ist die falsche Regierung zur falschen Zeit.

(c) Neue Gesellschaft/ Frankfurter Hefte

Carsten Schneider, SPD-Bundestagsabgeordneter für Erfurt und Weimar, sieht die Leistungsfähigkeit der Kommunen durch die Steuerpolitik von CDU/CSU und FDP bedroht. Im vergangenen Jahr haben die Thüringen Gemeinden 161 Millionen Euro weniger Steuern eingenommen als im Jahr zuvor. Allein die Gewerbesteuereinnahmen brachen im 130 Millionen Euro ein. „Vor diesem Hintergrund ist es unbegreiflich, die wichtigste Einnahmequelle der Gemeinden abschaffen zu wollen“, kritisiert Schneider anlässlich der morgen erstmals tagendenden Kommission zur Neuordnung der Finanzierung der Kommunen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble leitet das Gremium, das von der Bundesregierung eingesetzt wurde.

Durch die Wirtschaftkrise ist die Finanzlage in den Kommunen bereits dramatisch genug. „Weil die Bundesregierung das so genannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz beschlossen hat, werden Erfurt rund 1,3 Millionen Euro und Weimar rund 700.000 Euro zusätzlich weniger in 2010 einnehmen. Von ‚Wachstum‘ kann spätestens jetzt wohl keine Rede mehr sein“, sagt Schneider. „Steuerausfälle in dieser Größenordnung belasten die städtischen Haushalte enorm. Die Kämmerer müssen ohnehin jeden Cent bereits mindestens zweimal umdrehen.“

Im Rahmen der aktuellen Haushaltsdiskussionen in den Städten werden bereits erste schmerzvolle Einsparungen geplant. Nur zum Vergleich: In Erfurt könnte man mit dem fehlenden Geld z. B. einen Zuschuss bei den Mittagessen in Schulen und Tageseinrichtungen (50 Cent für jedes Kind am Tag), die Jugendarbeit in den Ortschaften, das Jugendhaus Urne, das Kinder- und Jugendtheater Schotte und die Zuschüsse für soziale Einrichtungen wie der Suppenküche finanzieren. Die Ausgaben dafür beliefen sich auf knapp über 1 Million Euro. In Weimar reicht das Geld bei der notwendigen Sanierung des Schwanseebades – dem einzigen Freibad in der Stadt – derzeit nur noch für die Bauzeichnungen. Eine Sanierung wäre mit dem fehlenden Geld möglich.

Die Kommunen kürzen bei freiwilligen Leistungen wie Zuschüssen für Kinder- und Jugendtheater, Bibliotheken oder Sporteinrichtungen zuerst, um ihre Haushalte solide aufstellen zu können. Denn nicht kürzen können sie bspw. bei den Wohnkosten für ALG II-Empfänger, die infolge der Wirtschaftskrise gestiegen sind. „Damit die Thüringer Kommunen nicht in noch größere finanzielle Not geraten, fordere ich Antje Tillmann und meine anderen Thüringer Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP auf, die Steuerpläne der schwarz-gelben Koalition zu verhindern“, so Carsten Schneider abschließend.

Frage: Ich finde es richtig, dass der Staat die Steuersünder-Dateien aufkauft. Es ist höchste Zeit, dass dem Steuerbetrug ein Ende bereitet wird. Durch meinen Beruf habe ich Informationen über gut vier Dutzend Mitbürger, die ihre Haushaltshilfe schwarz beschäftigen. Nun frage ich mich, ob ich das melden soll? Tut man das?

Auch wenn viele in unserer Gesellschaft das anders empfinden: Schwarzarbeit ist kein Kavaliersdelikt. Nicht nur entgehen dem Staat dadurch jedes Jahr Steuern und Abgaben in Milliardenhöhe, sondern illegal Beschäftigte sind großen Risiken ausgesetzt. Sie sind nicht sozialversichert, erwerben zum Beispiel keine Rentenansprüche. …

 

Externer Link