Thüringer im Bundestag: Carsten Schneider (SPD) über seine Woche im Wahlkreis, die Entwicklung in der griechischen Schuldenkrise und die Maut-Abstimmung

Wolfgang Suckert: Was liegt denn diese Woche bezüglich der Griechenland-Krise an?

Carsten Schneider: Die Euro-Gruppe wird die neue Reform-Liste der griechischen Regierung diskutieren. Ich habe in den vergangenen Wochen viel mit griechischen Ministern und Abgeordneten geredet und habe den Eindruck, dass das Verständnis für den Ernst der Lage gewachsen ist. Das hängt auch mit ihrer akuten Geldnot zusammen. Nur wenn die vorgeschlagenen Maßnahmen wirklich zu strukturellen Reformen und zu mehr Investitionen führen, kann es zu weiteren Auszahlungen aus dem laufenden Programm kommen

Suckert: Wie sieht es mit Ihrem Optimismus betreffs Griechenland aus?

Schneider: Das sind alles Entscheidungen, die die Athener Regierung letztendlich selbst treffen muss. Wenn sie in der Euro-Zone bleiben will und die Hilfe der anderen Staaten braucht, dann muss sie entscheiden, ob sie zu den erforderlichen Gegenleistungen bereit ist, wie die Bekämpfung von Korruption und Steuerhinterziehung. Bei meinem Besuch in Athen habe ich von allen Parteien gehört, dass sie unbedingt in der Währungsunion bleiben wollen. Deshalb rechne ich sehr mit deren Kompromissbereitschaft. Nach dem Besuch von Ministerpräsident Tsipras in Berlin bin ich ganz zuversichtlich. Die Griechen müssen selbst Politik machen dürfen, aber das muss dauerhaft dazu führen, dass sie das Geld, was sie ausgeben wollen, auch selbst erwirtschaften.

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450-photo1von Annabelle Traxl

Seit Beginn meines Austauschjahres im Rahmen des Parlamentarischen Patenschafts-Programmes des Bundestages lebe ich jetzt schon über ein halbes Jahr in Oxford, Alabama. Ich genieße jede Sekunde und die Zeit geht viel zu schnell vorbei. Diese sieben Monate bisher haben mein Leben in jederlei Hinsicht geprägt. Ich beherrsche nicht nur die englische Sprache viel besser, sondern habe eine zweite Familie gewonnen, Freunde fürs Leben gefunden und Erfahrungen gesammelt, die mir keiner nehmen kann.

In den letzten paar Monaten durfte ich natürlich auch die traditionellen amerikanischen Feiertage miterleben. Ende November hatte ich das Vergnügen, Thanksgiving mit meiner Gastfamilie zu verbringen. Dieser Feiertag ist jedes Jahr am letzten Donnerstag im November. Wir sind zu den Großeltern meiner Gastfamilie gefahren, wo noch andere Familienmitglieder waren. Jeder bringt etwas zu essen mit und der Gastgeber bereitet einen Truthahn vor, das typische Essen für diesen Tag.

Der nächste Tag ist von allen Mädchen der Lieblingstag im Jahr, denn es heißt „Black Friday Shopping“. Ich war mit zwei Freundinnen in Birmingham auf der Suche nach den besten Deals. Wir sind dafür extra um fünf am Morgen aufgestanden. Es war ein wirklich toller Tag.

Weniger als einen Monat später stand schon Weihnachten vor der Tür. Hierzu muss ich sagen, dass Amerikaner zu viel Geld für Geschenke ausgeben. Um ehrlich zu sein: Ich habe noch nie so viele Geschenke in meinem ganzen Leben gesehen. An Heiligabend waren meine Gastfamilie und ich bei deren Großeltern und haben nach dem Essen ein paar Geschenke geöffnet. In den USA werden die Geschenke am Morgen des 25. Dezember geöffnet. Jedes Familienmitglied hat seine eigenen Socken. In meiner Gastfamilie ist es Tradition, diese zuerst zu öffnen. Wie zu Thanksgiving haben wir wieder viel gegessen. Die andere Hälfte des Tages habe ich mit meiner besten Freundin hier verbracht. Somit konnte ich Weihnachten auch in ihrer Familie miterleben.

Um ehrlich zu sein, mag ich unser deutsches Weihnachtsfest mehr, weil wir eine Nachweihnachtszeit haben, was Amerikaner gar nicht haben. Nach dem 25. Dezember packen alle ihre Dekorationen wieder weg und es kehrt Alltag ein. Da ich hier viel näher zum Äquator lebe, hatte ich leider keinen Schnee zu Weihnachten eher das Gegenteil – purer Sonnenschein und 15 Grad.

Mein Silvester habe ich mit paar Freunden verbracht. Aber auch dieses Fest ist nicht wirklich mit zu Hause zu vergleichen. Wir Deutschen feiern den Einzug in das neue Jahr mit deutlich mehr Feuerwerk.

Mitte Februar bin ich mit ein paar Freunden über ein Wochenende nach Gatlinburg in Tennessee gefahren. Dort habe ich dann auch endlich einmal Schnee gesehen. Es war ein tolles Erlebnis, auch einmal einen anderen Bundesstaat zu besuchen.

Seit Ende Januar habe ich fast jeden Tag Tennis-Training nach der Schule und seit März finden unsere Wettkämpfe statt. Mein Team gehört zu den besten im Distrikt. Es ist cool, in einem Sportteam zu sein, denn im Gegensatz zu Deutschland zählt für Amerikaner der Sport mehr als alles andere.

Es ist leider nicht mehr so viel Zeit bis zu meiner Rückkehr, deswegen versuche ich, noch jede Menge Erfahrungen zu sammeln und alles Mögliche mitzunehmen.


 

Annabelle nimmt am Parlamentarischen Patenschaftsprogramm (PPP) des Deutschen Bundestages teil. Dieses Programm gibt seit 1983 jedes Jahr Schülerinnen und Schülern sowie jungen Berufstätigen die Möglichkeit, mit einem Stipendium des Bundestages ein Austauschjahr in den USA zu erleben. Zeitgleich sind junge US-Amerikaner zu einem Austauschjahr zu Gast in Deutschland. Das PPP ist ein gemeinsames Programm des Deutschen Bundestages und des US-Congress. 

Infos: https://www.bundestag.de/ppp

Für den „Hammelsprung“, ein politisches Magazin von Studierenden der NRW School of Governance, habe ich folgenden Beitrag verfasst:

Ja, ich gebe es freimütig zu: Es gab den Moment vor dem weißen Blatt, an dem ich die Zusage für dieses Grußwort bereut habe! „Politik und Emotionen“ – haben die Studenten denn nichts Besseres zu erforschen? Politik ist schließlich eine rationale Angelegenheit und Emotionen gehören ins Ehebett. So dachte ich jedenfalls mit meinem Karl Popper in der Hosentasche und kaute auf dem digitalen Bleistift.

Doch dann kam r2g in Thüringen und als frisch gewählter Landesvize der SPD sehe ich mich spätestens seit der Aufnahme der rot-rot-grünen Koalitionsverhandlungen in Erfurt von Emotionen umzingelt. So schnell kann Theorie praktisch werden!

Verblüffende Ambivalenz: Während die Redaktion durch die Ereignisse länger als geplant auf diesen Text warten musste, wofür ich mich nochmals in aller Form entschuldige, bekam ich hierdurch doch genau die tagesaktuellen empirischen Eindrücke, die diese Zeilen befördert haben.

Von „Verrat“ ist dieser Tage in Thüringen viel die Rede, von „Tabubruch“ und „Geschichtsvergessenheit“, alles samt hochemotionale Begrifflichkeiten und der politische Akteur, der sich dem kritischen Rationalismus verpflichtet fühlt, muss die Kraft des besseren Arguments auch an der Front politischer Emotionen behaupten können. Und Don Quichotte ist sein ständiger Begleiter!

Als brauchbares diskursives Konzept hat sich dabei die Unterscheidung von authentischer Emotion und strategischer Emotionalisierung herausgestellt. Als Arbeitshypothese, sozusagen.

Ja, es gibt die sich selbst legitimierende emotionale Einlassung, sofern sie personengebunden und authentisch, soll heißen unmittelbar und unverfälscht geäußert wird. Ich erlebe dieses Phänomen derzeit in Gesprächen mit skeptischen Parteimitgliedern. Was sollte man den gesättigten biografischen Negativerfahrungen in der DDR von respektablen Demokraten, deren Sohn man sein könnte, auch argumentativ entgegen setzen? Entweder ist der Respekt zu groß oder das Gefühl zu stark. Auf dieser persönlichen Ebene tut das streitlustige Sachargument gut daran, einfach nur zuzuhören, aktiv, nachdenklich, in angemessener Demut! Hier hat Emotionalität ihre uneingeschränkte politische Legitimation, als konstruktiv-kritische Unschärferelation. Ja, wir brauchen diese Emotionen als sittliche Ressource für ein gelingendes Miteinander!

Doch auch auf den persönlichsten Gefühlen ziehen strategische Trittbrettfahrer ihre Runden. Emotionalität verspricht noch jeder politischen Kampagne Anschlussfähigkeit. Sittlich wertvoll ist das selten und hoffentlich immer weniger erfolgreich!

Wenn anlässlich der zeitgeschichtlichen Erinnerung an den Mauerfall vor 25 Jahren derzeit in Thüringen kollektive Gefühle als Protest gegen eine demokratisch legitimierte Regierungsbildung proklamiert werden, muss das skeptisch stimmen. Auf den zweiten, spätestens auf den dritten Blick entpuppen sich hinter dem Vorhang gemeinschaftlicher Gefühlsregungen doch immer wieder sehr heteronome Interessen!

Und das 20. Jahrhundert ist ein plastisches Beispiel für das gesellschaftliche Spaltungspotential, für die destruktive Macht und die letztliche Unkontrollierbarkeit allzu kritiklosen und euphorischen Gemeinschaftsempfindens. Können Gefühle überhaupt zugleich authentisch und kollektiv sein? Ich glaube, das sind eher Stimmungen, allgemeine Gefühlslagen. Der WM-Titel, weihnachtliche Besinnlichkeit oder ausgelassene gemeinschaftliche Lebenslust zum Karneval! All dies hat seine Berechtigung, es mag Rhythmus geben, eine Art sozialer Orientierung, aber niemals Überzeugung.

Solche sozialen Stimmungslagen sind ebenso verlockend wie spontan. Es sind „social moments“. Sich damit positiv zu verknüpfen, ist in freien Gesellschaften sowohl wirtschaftlich als auch politisch zwingend! Dies ist Teil der kommunikativen Geschäftsgrundlage. Die Grenze zur Emotionalität verläuft freilich oftmals fließend. Doch auf die kritische Grenzziehung kommt es gerade an!

Um es mit Popper zu formulieren, muss sich „die offene Gesellschaft“ genau an dieser virtuellen Grenze gegenüber „ihre(n) Feinde(n)“ behaupten, jeden Tag. Ich will das abschließend an einem Beispiel aus dem bereits in Anspruch genommenem 20. Jahrhundert verdeutlichen.

Als Willy Brandt am 7. Dezember 1970 in Warschau vor dem „Ehrenmal der Helden des Ghettos“ auf die Knie ging, war das eine höchst persönliche Geste, die die Welt zu Tränen rührte. Das war eine authentische Emotion, ebenso wirkmächtig wie legitim. Unvergesslich und ihre Legitimation unmittelbar aus sich selbst beziehend! So etwas entzieht sich jeder strategischen Planung. Diese emotionale Spontanäußerung hat die Stimmung im In- und Ausland nachhaltig geprägt.

Auch in Demut vor derartigen Persönlichkeitsäußerungen bleibe ich weiterhin skeptisch eingestellt gegenüber strategischen Emotionalisierungen und vertraue auf argumentative Kritik und nüchterne Vernunft für die Bearbeitung politischer Problemlagen. Emotionen im Ehebett mögen dafür hilfreich sein.

Derweil wünsche ich den Leserinnen und Lesern dieser Ausgabe eine rationale Lektüre in guter Stimmung! Ich danke der Redaktion für die freundliche Einladung und singe ein Loblied auf die Freiheit von Forschung und Lehre.

© Hammelsprung Ausgabe 9

Der Deutsche Bundestag lädt gemeinsam mit der Bundeszentrale für politische Bildung und der Jugendpresse Deutschland e. V. 30 junge Journalistinnen und Journalisten zu einem Workshop nach Berlin ein.

„Der Workshop bietet die Chance, die politische Arbeit und den Medienbetrieb in Berlin kennenzulernen. Außerdem kann er eine wichtige Orientierung für die eigene Berufswahl geben“, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Carsten Schneider. „Vom 7. bis 13. Juni 2015 werden die Jugendlichen hinter die Kulissen des parlamentarischen und medialen Geschehens in der Hauptstadt blicken. Sie hospitieren in Redaktionen, lernen Hauptstadtjournalisten kennen, diskutieren mit Abgeordneten, besuchen Plenarsitzungen und erstellen ihre eigene Zeitung.“

„Digital Na(t)ives – Eine digitale Generation erobert die Gesellschaft“ lautet der Titel der diesjährigen Veranstaltung. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden sich mit Chancen, Herausforderungen und Risiken einer zunehmenden Digitalisierung in allen Lebensbereichen auseinandersetzen und die Antworten der Politik aus Sicht der jungen Generation hinterfragen.

Bewerben können sich Interessenten im Alter zwischen 16 und 20 Jahren mit einem journalistischen Beitrag zum Thema des Workshops. Dies können Artikel, Video-/Audiobeiträge oder Fotoarbeiten sein. Bewerbungsschluss ist der 19. April 2015. Nähere Informationen finden sich auf der Homepage www.jugendpresse.de/bundestag.

Das Bundeskabinett hat den Entwurf eines Nachtragshaushaltes für 2015 sowie eines Gesetzes zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen und zur Entlastung von Ländern und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern beschlossen. Dazu erklärt Carsten Schneider, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion:

„Mit dem sogenannten Kommunalinvestitionsförderungsfonds stellt der Bund den Kommunen 3,5 Milliarden Euro bis 2018 für Infrastruktur, Bildung und Klimaschutz zur Verfügung. Finanzschwache Kommunen profitieren besonders, da der Bund bis zu 90 Prozent der Maßnahmen fördert. Das Programm schiebt damit Projekte mit einem Investitionsvolumen von insgesamt rund 3,85 Milliarden Euro an.

Der Schlüssel für die Verteilung der 3,5 Milliarden Euro errechnet sich zu je einem Drittel aus der Bevölkerungszahl, der Zahl der Arbeitslosen und der Höhe der Kassenkredite. Für die genaue Verteilung der Mittel sind die Bundesländer verantwortlich und legen fest, welche Kommunen in welcher Höhe gefördert werden.

Die SPD hat außerdem erreicht, dass die Kommunen im Jahr 2017 um 1,5 Milliarden Euro zusätzlich entlastet werden. Dafür hat sich die SPD starkt gemacht und bereits im vergangenen Jahr eine Entlastung in Höhe von jährlich einer Milliarde Euro ab 2015 durchgesetzt. Das sind summa summarum 4,5 Milliarden Euro in drei Jahren.

Darüber hinaus werden weitere 10 Milliarden Euro für Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur, den Städtebau, die Kinderbetreuung und für die regionale Wirtschaftsförderung bereitgestellt.

Mit dem jetzt vom Kabinett verabschiedeten Kommunalpaket setzen wir den Kurs fort, für den sich die SPD seit den Koalitionsverhandlungen erfolgreich einsetzt. Gemeinsam mit einer Vielzahl von weiteren Entlastungen, etwa durch die volle Übernahme der Kosten für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, entstehen Spielräume, die die Kommunen nutzen können.“