Zur heutigen Debatte über den Gesetzentwurf zur weiteren Entlastung von Ländern und Kommunen ab 2015 und zum quantitativen und qualitativen Ausbau der Kinderbetreuung erklärt der für Finanzen zuständige SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider:

„Die Koalition macht Ernst mit der Entlastung der Länder und Kommunen in Deutschland.

In den Jahren 2015 bis 2017 werden die Städte und Gemeinden um insgesamt drei Milliarden Euro entlastet, jeweils zur Hälfte bei den steigenden Kosten für die Unterkunft und Heizung sowie über einen höheren gemeindlichen Anteil an der Umsatzsteuer. Für Thüringens Kommunen bedeutet dies, dass sie bereits im kommenden Jahr rund 23 Millionen Euro weniger schultern müssen. Außerdem wird zugunsten der Länder und Kommunen das sogenannte Sondervermögen für den Ausbau der Kinderbetreuung ab 2016 um 550 Millionen Euro aufgestockt und zur Finanzierung der Betriebskosten wird der Länderanteil an der Umsatzsteuer in den Jahren 2017 und 2018 um jeweils 100 Millionen Euro erhöht.

Aber die Entlastung beim Ausbau der Kinderbetreuung ist nur der eine Punkt. Es geht auch darum, dass mit dem weiteren Ausbau auch die Qualität der Betreuung steigt. Eine qualitativ hochwertige und bedarfsgerechte Kinderbetreuung trägt zur frühkindlichen Bildung und dadurch zur Chancengleichheit von Kindern sowie zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei.“

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich, als Sie, Frau Wagenknecht, zum Pult gegangen sind, gefragt, wie jetzt eigentlich die Kritiklinie der Linkspartei sein wird.

(Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So wie immer!)

Ich habe vermutet, dass die Kritiklinie vielleicht die einer aufgeklärten Linken ist, die sagt: „Global agierende Banken müssen wir auch global reglementieren“, die vielleicht die Vorschläge, die hier gemacht werden, für nicht ausreichend auf internationaler Ebene hält. Aber was ich erleben musste, war purer Populismus und ein Rückfall in die Politik eines Nationalstaates.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Frau Wagenknecht, Sie sind vollkommen fernab der wissenschaftlichen und ökonomischen Debatte, wenn es um die Kontrolle der Finanzmärkte und des Bankensektors geht. Wir sind froh, dass die AfD nicht hier im Bundestag sitzt. Aber: Diese Rede hätte auch ein Funktionär der AfD halten können.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Norbert Barthle (CDU/CSU): Genau so!)

Warum beraten wir nicht erst seit heute, da wir diese Gesetzentwürfe im Bundestag haben, die Frage der Finanzstabilität, der Erpressbarkeit von Staaten, der Rettung von Banken in der Finanzkrise der Jahre 2008/2009 ff., sondern schon seit vier Jahren immer wieder? Weil sich gezeigt hat, dass wir im Bereich der Bankenaufsicht national organisiert waren, überall.

Wir hatten es aber mit einem globalen Bankensektor zu tun – gerade bei den großen Banken. Ich rede nicht von den Volksbanken und Sparkassen, sondern von den Landesbanken, der Hypo Real Estate, der Deutschen Bank, der Commerzbank, der Société Générale und von vielen anderen großen, international tätigen Banken und Finanzinstituten. Deren Aufsicht konnte eben nicht mehr wirksam von Deutschland oder von Irland aus, wo es im Übrigen eine sehr schwache Aufsicht gab, ausgeübt werden.

Insofern ist die Antwort auf einen europäischen Binnenmarkt, in dem Kapitalverkehrsfreiheit herrscht und in dem umfangreiche Bankgeschäfte stattfinden was auch in Ordnung ist nicht das Zurück zum Nationalstaat, sondern das Hin zu einer europäischen Institution, die aus europäischem Blickwinkel nach klaren Grundsätzen Stichworte: Haftung, Frage nach der Verantwortung – beaufsichtigt und entscheidet. Genau diesen Weg gehen wir heute ein Stück weiter. Das ist gerade für eine aufgeklärte Linke, wenn Sie es denn sind, der richtige Weg.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich finde es auch fatal, mit der Angst der Menschen zu spielen. Auch ich habe meine Probleme mit der Möglichkeit der Direktrekapitalisierung von Banken; ich komme darauf noch zurück. Aber wir haben den richtigen Schritt hin zur gemeinsamen Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank getan, bei allen Problemen, die der Minister genannt hat. Denn die Banken, die europaweit vernetzt waren und sind, haben bisher in Europa Geschäfte gemacht, die wir in Teilen gar nicht gesehen haben, weil die Aufsicht zersplittert war. Dass dieser Schritt richtig ist, steht außer Frage. Ich kenne niemanden mit Sachverstand, der sagt, dass der Schritt zu einer europäischen Bankenaufsicht falsch ist. Frau Wagenknecht, Sie sind auf dem Holzweg.

Der zweite Schritt – den zur Aufsicht haben wir schon gemacht – ist dann, dass man Banken auch zur Rechenschaft ziehen können muss, wenn sie Geschäfte machen, die zu große Verluste bringen. Wir hatten hier in heißen Debatten 2008/09 über die Frage der Verstaatlichung der Hypo Real Estate zu entscheiden. Niemand von denjenigen, die damals zugestimmt haben, hat das mit großer Freude getan. Aber ein Institut mit 400 Milliarden Euro Bilanzsumme war ein systemrelevantes Institut. Bei der IKB konnte man durchaus anderer Auffassung sein; richtig, aber im Nachhinein ist man immer schlauer. Bei der Hypo Real Estate jedenfalls war es so.

Wir mussten – wenige Klagen dagegen sind noch anhängig , diese Bank vom Markt nehmen, um sie geordnet abwickeln zu können. Wir waren rechtlich aber gezwungen, auch noch Entschädigungen an die Aktionäre zahlen, weil wir keine gesetzliche Grundlage für die Abwicklung von Banken hatten. Das war ein Fehler.

(Dr. Sahra Wagenknecht (DIE LINKE): Weil Sie es blöd angestellt haben!)

Diesen Fehler bereinigen wir jetzt, indem wir ein Insolvenzrecht für Banken schaffen, indem wir eine klare Haftungsreihenfolge festlegen, wer bei Verlusten bezahlen muss. Diese Haftungsreihenfolge ist schon genannt, aber auch durchexerziert worden, letztlich auf Druck der SPD und des Deutschen Bundestages, nämlich im Fall Zypern. Das ist die Blaupause für das, was jetzt mit den Gesetzentwürfen, die wir beraten und beschließen werden, umgesetzt werden soll. Danach gilt:

Zuerst haften die Aktionäre. Deren Geld ist weg, wenn Verluste zu decken sind. Nach ihnen haften die nachrangigen Gläubiger, die den Banken Darlehen oder Hybride gegeben haben und dafür Zinsen bekommen. Anschließend haften die vorrangigen Gläubiger und dann auch die Einleger ab einer Einlagenhöhe von über 100 000 Euro. Es ist nicht hinnehmbar, dass jemand Geld, das er angelegt hat, zu 100 Prozent wiederbekommt, aber der Steuerzahler dafür zahlen müsste. Das geht nicht. Das passiert nicht mehr. Deswegen machen wir einen Strich drunter: 100 000 Euro sind geschützt, mit dem Rest wird auch gehaftet.

Wenn eine Bank dann immer noch Verluste hat, tritt der Bankenhaftungsfonds ein, der gespeist wird über eine Bankenabgabe, die wir als Sozialdemokraten schon 2009 gefordert haben. Hätten wir sie damals eingeführt, dann hätten wir zum Beispiel keine Verluste aus dem Fall der Hypo Real Estate zu tragen. Glücklicherweise geht es dabei nicht um die damals befürchteten bis zu 480 Milliarden Euro; in Summe werden wir am Ende vielleicht über 20 oder 30 Milliarden Euro reden. Das ist aber immer noch viel zu viel.

Der Bankenhaftungsfonds wird ein gemeinsamer europäischer Fonds. Es ist auch richtig, diesen europäisch aufzustellen und nicht national. Dafür haben wir Sozialdemokraten gekämpft, weil wir eine Trennung der Risiken aus dem Bankensektor von denen aus dem Staatssektor haben wollen. Wir haben doch gesehen: Nur zu einem kleinen Teil schlug die Finanzmarktkrise in eine Staatsfinanzierungskrise um, zu einem großen Teil war es eine Bankenkrise, die erst dann zu einer Staatsfinanzierungskrise geführt hat, weil die Länder durch die Bankenrettung überschuldet waren. Irland ist das beste Beispiel; bei Spanien trifft das nicht ganz zu. Diese Trennung ist extrem wichtig, um die Staaten künftig vor Verlusten aus dem Bankensektor zu schützen, um den Sozialstaat erhalten zu können. Deswegen machen wir das so.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir reden jetzt und in den nächsten Tagen viel über Konjunkturprogramme auf europäischer Ebene. Das wichtigste Konjunkturprogramm ist die Bereinigung des Bankensektors von faulen Krediten, das Aufstellen der Banken mit genügend Eigenkapital, damit sie wieder kreditvergabefähig werden. Das passiert jetzt.

Im Oktober, parallel zu unseren Beratungen, werden die Anlagen und Portfolien aller Banken von der EZB geprüft und verglichen. Dann wird es auch in Deutschland wohl noch Überraschungen geben. Es wird ein Stresstest durchgeführt und geprüft: Was passiert im Krisenfall? Ist die Bank genügend stark? Wenn sie es nicht ist, wird entschieden werden müssen, ob sie geschlossen, restrukturiert oder vielleicht rekapitalisiert wird.

Ich will für Deutschland sagen: Ich kann mir nicht vorstellen, dass durch diesen Test, der sehr hart sein muss, damit die EZB bei der Bankenaufsicht Glaubwürdigkeit gewinnt, alle Banken durchkommen. Wir hatten das schon ein- oder zweimal im Zusammenhang mit Stresstests der EBA, in deren Folge die Probleme hochkamen. Ich habe Vertrauen in die Europäische Zentralbank, dass sie das hart testen wird.

(Zuruf der Abg. Dr. Sahra Wagenknecht (DIE LINKE))

Wir werden im Bedarfsfall dann in Deutschland entscheiden müssen, welches Gesetz wir in der Übergangszeit anwenden, das zur Abwicklung bzw. Restrukturierung oder das zur Rekapitalisierung. Ich glaube, dass es die eine oder andere Bank geben kann, bei der es im Zweifel besser sein wird, sie abzuwickeln, wenn ein tragfähiges Geschäftsmodell nicht da ist, als sie künstlich am Leben zu erhalten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch das wird uns in den nächsten zwei, drei Monaten beschäftigen. Das wird ein Quantensprung werden.

(Zurufe von den LINKEN: Oh!)

Dadurch wird mehr Klarheit über die Risiken des Bankensektors, mehr Stabilität im Finanzbereich und – das ist letztendlich der entscheidende Punkt – ein Schutz des Staates vor den Verlusten aus dem Bankensektor geschaffen.

Ja, auch ich hätte mir vorstellen können, Frau Wagenknecht, dass – das Europäische Parlament hat diese Richtlinie verhandelt – die geschaffenen Möglichkeiten für Direktrekapitalisierungen, aber auch zu Eingriffen der Staaten selbst nicht in der Form eröffnet worden wären. Das ist aber ein europäischer Kompromiss, den Bundeskanzlerin Merkel zugesagt hat. Ein Berichterstatter im Europäischen Parlament ist auch sehr stark in diese Richtung gegangen. Daher werden wir das auf nationaler Ebene einführen beziehungsweise ermöglichen müssen.

Ja, auch ich bin sehr skeptisch, was das Instrument der direkten Bankenrekapitalisierung betrifft. Aber auch in diesem Fall waren Ihre Zahlen falsch. Es geht nicht um 200 Milliarden Euro. Das wird gedeckelt auf maximal 60 Milliarden Euro, für

(Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Das macht es jetzt nicht besser!)

die dann alle Länder gemäß des geltenden ESM-Schlüssels haften. Aber über jede Einzelfallentscheidung wird im Bundestag beraten und entschieden werden. Und das wird so restriktiv gehandhabt werden, dass dieses Instrument hoffentlich nie angewendet werden wird. Wegen mir bräuchte man das auch nicht. Es wird aber wohl so sein – das beraten wir derzeit –, dass die direkte Bankenrekapitalisierung aus dem ESM wahrscheinlich nie angewendet wird. Wir werden jedenfalls im Einzelnen darüber zu entscheiden haben.

Zwei Punkte sind mir noch wichtig.

Erstens – das ist ein ganz entscheidender Punkt – ist es mir wichtig, zu mehr Integration auf europäischer Ebene, zur Vervollständigung der Währungsunion auch in Richtung einer Wirtschafts- und Fiskalunion zu kommen. Das, was wir hier machen, reicht noch nicht aus; es betrifft nur den Finanzmarktsektor.

Der zweite Punkt betrifft die Einnahmeseite. Ich bin der Auffassung, dass wir mehr einheitliche bzw. gemeinsame Politik auf europäischer Ebene brauchen, damit das Steuerdumping und die Steuerhinterziehung aufhören.

Hinsichtlich der Bankenabgabe stellt sich noch die Frage, wer diese in welcher Höhe und aufgrund welcher Risiken zahlt. Wir sind dafür, dass die Deutsche Bank grundsätzlich mehr zahlen muss als die Sparkassen, weil sie ein gefährlicheres Geschäftsmodell hat.

Unbeantwortet hier bleibt in Teilen die Frage des „too big to fail“ einer zu großen Bank. Dass aber die Bankenabgabe, die gezahlt wird, in Deutschland nicht steuerlich abzugsfähig ist – das heißt, der Steuerzahler zahlt bei einer Inanspruchnahme letztendlich nicht ein Drittel durch ein geringeres Körperschaftssteueraufkommen mit –, ist richtig. In anderen europäischen Ländern wird aber nicht so verfahren, sondern dort ist die gezahlte Bankenabgabe steuerlich abzugsfähig. Es gibt zum Teil allerdings auch höhere Bankenabgaben, beispielsweise in Österreich.

Ich finde – das will ich für die SPD-Fraktion klar sagen –, dass es klar sein muss, dass, bevor es weitere Integrationsschritte gibt – auf der Ausgabenseite sind viele Länder immer schnell dabei –, der Wettbewerb zulasten der Steuerzahler um die niedrigsten Steuersätze aufhören muss. Dieser Wettbewerb muss gestoppt werden.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen, Herr Bundesfinanzminister, haben Sie dabei unsere volle Unterstützung, was eine Vereinbarung auf dem G-20-Gipfel – ich nennen das Stichwort BEPS – betrifft, was die Bankenabgabe betrifft, aber auch, was den Kampf gegen diejenigen betrifft, die von den Rettungsmaßnahmen enorm profitiert haben, nämlich die Spekulanten und ihre Spekulationsgeschäfte. Wir erwarten bis Ende des Jahres klare Schritte in Richtung einer Finanztransaktionsteuer. Wenn dies nicht entscheidend vorangeht, dann müssen wir uns überlegen, diese national einzuführen.

Meine Damen und Herren, dieser Gesetzentwurf emanzipiert den Staat vom Bankensektor. Geschäfte in diesem Sektor werden sicherer werden. Diejenigen, die diese Geschäfte machen, werden weniger Gewinne erzielen und im Zweifel für die Verluste haften. Ich finde, das tut einer sozialen Marktwirtschaft gut.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zur heutigen Debatte über das Maßnahmenpaket zur Bankenunion erklärt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Carsten Schneider.

„Das Maßnahmenpaket zur Bankenunion ist eine entscheidende Säule einer stärkeren Integration in Europa und ein Schritt hin zu einer Fiskalunion. Es führt kein Weg an einheitlichen europäischen Regelungen zur Sanierung und Abwicklung von Banken vorbei. Zentral ist ein Haftungsfonds, in den die Finanzinstitute selbst einzahlen müssen. Ob der Fonds funktionieren wird, hängt jedoch wesentlich von der Ausgestaltung der Bankenabgabe ab. Erst wenn die EU-Kommission ihre Vorstellungen dazu vorlegt, kann der Bundestag entscheiden.

Die SPD hat sich frühzeitig dafür eingesetzt, dass die Höhe der Abgabe am Risikoprofil einer Bank ausgerichtet wird. Je risikoreicher eine Bank agiert, desto höher muss ihre Abgabe für den Krisenfall sein. Außerdem darf die Bankenabgabe, wie dies bereits im deutschen Recht der Fall ist, nicht von der Steuer abgesetzt werden. Denn sonst würden der Haftungsfonds quasi durch die Hintertür doch wieder mit öffentlichen Geldern gefüllt werden.“

140922 SPÖ-Herbsttagung WienAuf Einladung der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion habe ich an der SPÖ-Herbsttagung in Wien teilgenommen und zum Thema „Wachstum.Entlastung.Gerechtigkeit.“ diskutiert. Ein Punkt aus meiner Sicht: Eine weitere europäische Harmonisierung – wenn nicht sogar Vereinheitlichung der steuerrechtlichen Vorschriften – ist dringend notwendig. Mindestens aber muss die grenzüberschreitende Steuerhinterziehung oder -vermeidung bekämpft werden. Die neue EU-Kommission muss die Fiskalunion als großes Leitmotiv vor Augen haben. Im Hinblick auf die Finanztransaktionsteuer müssen schnell Fortschritte erzielt werden. Österreich ist ein verlässlicher Partner und hat Vorsitz in der Gruppe der elf Staaten, die sich auf eine verstärkte Zusammenarbeit geeinigt haben. Gut zu wissen, dass die SPÖ und die SPD zur Besteuerung von Finanzspekulationen an einem Strang ziehen.

Die SPD-Bundestagsfraktion sucht Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten im Alter von 16 und 20 Jahren für ihr diesjähriges Planspiel Zukunftsdialog. In einer eigenen Redaktion schreiben jungen Journalistinnen und Journalisten Artikel für die eigene Planspiel-Zeitung, veranstalten Redaktionssitzungen, führen Interviews.

Im parlamentarischen Betrieb spielen die Medien eine wichtige Rolle. Permanent wird über Inhalte und Abläufe im Deutschen Bundestag berichtet. Die Abgeordneten führen Interviews mit Zeitungen, Radio- und TV-Sendern und müssen immer wieder spontan zu aktuellen Themen Stellung nehmen. „Die Zusammenarbeit mit der Presse ist ein wesentlicher Teil meiner Arbeit, den ich Jugendlichen gern vermitteln würde. Im Planspiel sehe ich eine passende Chance dafür“, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Carsten Schneider.

Interessierte Jugendliche können sich bis zum 10. Oktober 2014 mit einem Essay zum Thema „Wie können Politiker und Journalisten junge Menschen für Demokratie begeistern?“ um einen der fünf Plätze bei johanna.agci@spdfraktion.de bewerben. Einfach Alter, Name, Adresse und Informationen zur Schulform/Ausbildung angeben und beim Essay auf eine DIN-A4-Seite beschränken. Die Siegerinnen und Sieger werden zum Planspiel vom 9. bis 11. November nach Berlin eingeladen.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Haushalt 2015, den die Regierung hier eingebracht hat, beginnt eine Zeitenwende. Es ist der erste Bundeshaushalt seit mehreren Jahrzehnten, mit dem der Versuch unternommen wird – ich hoffe, wir werden es auch schaffen –, die Neuverschuldung nicht nur zu reduzieren, sondern sie gänzlich auf null zu setzen. Das hat es seit 1969 nicht mehr gegeben.

Wir als Sozialdemokraten haben uns im Regierungsprogramm zur Bundestagswahl vorgenommen, genau dies zu erreichen. Wir haben 2009 in der Großen Koalition hier im Bundestag die Schuldenbremse mit beschlossen, und wir werden sie vorfristig, nämlich schon im Jahr 2015, vollständig erreichen. Das ist ein Quantensprung, auf den wir Sozialdemokraten stolz sind.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Norbert Barthle (CDU/CSU): Nicht nur ihr!)

Dies wird von einer breiten Mehrheit im Deutschen Bundestag, von den Kollegen der Union und, wie ich gehört habe, auch von der Linkspartei und, wie ich vermute, grundsätzlich auch von den Grünen, getragen. Über den Weg dahin streiten wir.

Es ist richtig, Kollege Bartsch, dass wir in der Steuerpolitik, gerade was die Verteilungsfrage betrifft, Unterschiede in der Koalition haben. Wir haben uns nicht auf alle Punkte einigen können, die Bestandteil unseres Regierungs- und Wahlprogramms waren. Das bleibt einer politischen Entscheidung im Anschluss an die nächste Bundestagswahl vorbehalten.

Trotzdem haben wir die Wachstumskräfte, die in Deutschland derzeit die Konjunktur stützen und für die gute Entwicklung verantwortlich sind, nämlich die Binnennachfrage, extrem gestärkt. Das Wichtigste dabei ist die ab dem 1. Januar 2015 beginnende Einführung des gesetzlichen Mindestlohns. Er wird allein in meinem Heimatland Thüringen für über ein Drittel der Beschäftigten für die größte Lohnerhöhung sorgen, die diese Beschäftigten jemals erreicht haben. Das ist ein Fortschritt, auf den wir Sozialdemokraten stolz sind.

(Beifall bei der SPD)

Aber nicht nur der Mindestlohn wird eine Stütze der Konjunktur sein und zu höheren Steuereinnahmen führen, sondern auch die Tarifabschlüsse. Nun weiß ich nicht, Kollege Bartsch, ob die von Ihnen genannten Zahlen inflationsbereinigt waren oder nicht. Wahrscheinlich waren sie inflationsbereinigt,

(Dr. Dietmar Bartsch (DIE LINKE): Natürlich!)

was die Steigerung betrifft. Nichtsdestotrotz sehen auch wir, ähnlich wie die Deutsche Bundesbank, Luft nach oben, was die Lohnentwicklung betrifft. Die Tarifabschlüsse müssen in den nächsten Jahren höher werden, und der Anteil der Arbeitnehmer an der gesamtwirtschaftlichen Leistung muss gerechter ausfallen; das ist gar keine Frage.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Ja, wir haben auch eine Diskussion über die Zukunftsinvestitionen. Ich finde, völlig zu Recht; denn die Analyse, dass wir in weiten Teilen von der Substanz leben und die öffentliche, aber auch die private Investitionsbereitschaft – Stichwort „Kapitalstock der Unternehmen“ – schwach ist, ist nicht neu. Ich würde sie auch nicht infrage stellen. Ich glaube viel eher, dass sie richtig ist und dass wir darauf Antworten geben müssen.

Wir tun das in Teilen durch die Verabredung im Koalitionsvertrag, was die Investitionen im Bereich Verkehr betrifft – 5 Milliarden Euro mehr – und was den Bildungsbereich betrifft – 6 Milliarden Euro mehr; hinzukommen 3 Milliarden Euro mehr für Forschungsausgaben. Das ist ein klarer Trend nach oben. Die Zukunftsausgaben werden verstetigt, aber das wird sicherlich nicht ausreichen.

Aus diesem Grund unterstütze ich grundsätzlich die Überlegungen sowohl des Bundeswirtschaftsministers als auch des Bundesfinanzministers, das enorme Sparkapital, das in Deutschland zur Verfügung steht, für Investitionen zu akquirieren, sei es in Unternehmen, sei es in die öffentliche Infrastruktur, also da, wo es um Nutzerfinanzierung geht. Ich halte die Diskussion über die Gründe, die 2008 in die Finanzkrise geführt haben, nämlich dass die Überschüsse, die wir hier erwirtschaftet haben, ins Ausland exportiert und nicht in Deutschland investiert wurden, für absolut überfällig.

Wir brauchen die hiesigen Unternehmensgewinne und die hiesige Sparquote für Investitionen in Deutschland, damit wir zukunftsfähig bleiben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Wir wollen nicht wieder die Situation erleben, dass Lebensversicherungen, Banken und andere Kapitalanleger ihre hier erwirtschafteten Ersparnisse im Endeffekt im Ausland anlegen. Ich verweise auf die Geldverluste, die wir bei den amerikanischen Subprime-Papieren erlebt haben. Von daher, Herr Minister, sehe ich die Wiederbelebung des ABS-Marktes, also des Marktes für forderungsbesicherte Wertpapiere, kritisch.

(Beifall der Abg. Annette Sawade (SPD))

Sicher ist es so, dass die mit Unternehmenskrediten besicherten Papiere nicht in dem Maße gehandelt worden sind wie andere. Nur, wer kontrolliert das? Ich glaube, dass wir die Chance viel besser nutzen müssen, die Bereinigung des Bankensektors im Verlaufe dieses Jahres durch eine unabhängige, qualifizierte Prüfung durch die europäische Bankenaufsicht, also durch die Europäische Zentralbank, vornehmen zu lassen. Wir müssen dafür sorgen, dass die sogenannten Zombiebanken, die nur noch durch das billige Geld der EZB am Leben erhalten werden, aber nicht mehr dafür sorgen, dass neu gegründete Unternehmen, die Innovationen vornehmen, finanziert werden, vom Markt verschwinden. Das heißt für Deutschland im Zweifel: kritische Eingriffe. Sie sind aber notwendig, um den Steuerzahler langfristig vor weiteren Schäden zu bewahren und außerdem um zusätzliche Wachstumsimpulse zu schaffen.

Herr Minister, ich finde, Sie haben zu Recht auf die Initiative zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit hingewiesen. Es bringt nichts, große Summen – hier 6 Milliarden Euro – in den Raum zu stellen, die im Endeffekt nicht abfließen. Ja, wir als Exportnation – heute hieß es, dass wir im letzten Monat Exporte im Wert von über 100 Milliarden Euro getätigt haben; das zeigt, dass wir immer noch eine Exportnation sind; wir sollten also den Teufel nicht an die Wand malen – haben ein großes Interesse daran, dass der europäische Binnenmarkt funktioniert, dass unsere Partner in Frankreich und Italien über eine stabile Wirtschaftsentwicklung verfügen können. Deswegen bin ich sehr dafür, dass wir die vorgegebenen Spielräume innerhalb des Stabilitäts- und Wachstumspaktes nutzen. Das heißt: Strukturreformen und im Gegenzug mehr Zeit beim Defizitabbau. Das Gleiche haben wir in Deutschland in den Jahren 2005 und 2006 in der Großen Koalition gemacht, und zwar erfolgreich. Ich erinnere daran, dass wir damals das höchste Haushaltsdefizit hatten, und dagegen sind wir mit wirklichen Strukturreformen angegangen.

Mit Herrn Renzi und Herrn Hollande haben wir es mit einem Ministerpräsidenten und einem Präsidenten zu tun, die solche Reformen – vielleicht zu spät – in Angriff nehmen. Wir als Deutscher Bundestag haben das größte Interesse daran, dass die beiden Länder Italien und Frankreich stabil bleiben, dass sie wirtschaftlich vorankommen und dass dort keine Extremisten an die Macht kommen. Deswegen sollten wir sie auf ihrem Weg uneingeschränkt unterstützen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Minister, meine Damen und Herren, ich will auf einen letzten Punkt eingehen: auf die Besteuerung des Finanzsektors. Die heutige Haushaltsdebatte ist in diesem Zusammenhang bereits ein Anfang. Bisher muss man sagen: Da tut sich nichts. Wir werden das Bankeninsolvenzrecht mit der Schaffung der Europäischen Bankenunion ändern. Das wird uns im Herbst dieses Jahres hier im Deutschen Bundestag beschäftigen. Das Ganze ist ein richtiger Schritt. Aber klar ist auch, dass die Kosten der Krise, die auch wir in Deutschland zu schultern haben, vom Steuerzahler getragen wurden. Der Finanzsektor hat dazu keinen Beitrag geleistet. Im Gegenteil: Die zukünftig auszugestaltende Bankenabgabe – sie wird zu leisten sein, wenn auf europäischer Ebene eine Bank pleitegeht – bedeutet, dass der Finanzsektor die Kosten dafür tragen muss.

In Deutschland ist diese Abgabe nicht steuerabzugsfähig, in anderen europäischen Ländern schon. Ähnlich ist es mit der Finanztransaktionsteuer. Ihre Einführung war die Voraussetzung für die Zustimmung der SPD und auch der Grünen zum Europäischen Fiskalpakt. Ich erwarte diesbezüglich substanzielle Fortschritte auf europäischer Ebene, damit wir diejenigen, die die Krise mit verursacht haben, tatsächlich an den Kosten ihrer Bewältigung beteiligen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das ist eine Frage der öffentlichen Legitimation von Demokratie.

Ich sage das auch in Richtung Frankreich und Italien; beide Länder spielen in diesem Bereich eine Schlüsselrolle. Diese Länder dürfen nicht nur fordern, dass wir ihnen beim Defizitabbau und bei der Wachstumsstimulierung helfen, sondern sie müssen auch die Lobbyisten zur Seite drängen und gemeinsam mit uns dafür sorgen, dass wir eine gerechtere Besteuerung des Finanzsektors in Deutschland zustande bringen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Volker Kauder (CDU/CSU))

Sie haben dazu, Herr Minister, die volle Unterstützung des Deutschen Bundestages. Wenn wir das bis Ende des Jahres nicht schaffen sollten, werden wir sehr wohl überlegen müssen, ob wir dazu nicht national Regelungen treffen und vorangehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

140830 CDS in WEMit der SPD-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl Heike Taubert, Weimars Landtagsabgeordneten Thomas Hartung, Wirtschaftsstaatssekretär Jochen Staschewski und vielen Genossinnen und Genossen haben wir auf der bunten Parade mit ca. 200 Teilnehmenden Gesicht gezeigt. Das anschließende Straßenfest auf dem Goetheplatz war ebenfalls gut besucht. Ich finde es toll, wie das Weimarer Organisationsteam seit 2011 alljährlich diesen Kraftakt mit vielen Veranstaltungen vollbringt. Dafür einen großen Dank!

Übrigens: Am Sonntag war in der Gedenkstätte Buchenwald das jährliche Gedenken für die Rosa-Winkel-Häftlinge: 650 Männer, die aufgrund ihrer sexuellen Identität im Konzentrationslager Buchenwald inhaftiert wurden. Jochen Staschewski hat dort eine sehr bewegende Festrede gehalten, die hier nachlesen kann.

pic-hendricks-herrenberg-hp2Manchmal ist ein kleiner Spaziergang ein Quantensprung: So war es jedenfalls am 28. August bei der gemeinsamen Stadtteilbegehung auf dem Erfurter Herrenberg mit Bundesbauministerin Barbara Hendricks, SPD-Landtagskandidatin Dr. Cornelia Klisch und zahlreichen Vertretern aus Politik und Verwaltung.

Nicht nur die Bundesministerin befürwortet eine Aufnahme des Stadtteils in das Städtebauförderungsprogramm „Soziale Stadt“, sondern auch die Stadtverwaltung arbeitet mittlerweile mit Volldampf an der Erarbeitung eines Entwicklungskonzeptes für den Südosten der Landeshauptstadt. Und laut Planungsamtschef Paul Börsch ist auch der geplante Abriss der alten Bibliothek vom Tisch.

Wenn alles nach Plan läuft, können bereits im nächsten Jahr die ersten Gelder vom Bund fließen und die Stadt wird in der Lage sein, die dringend nötigen öffentlichen Investitionen in die Infrastruktur am Herrenberg, Wiesenhügel und Drosselberg zu tätigen. Mehr Spielplätze, Beratungs- und Betreuungsangebote für Alleinerziehende, mehr Barrierefreiheit und Raum für bürgerschaftliches Engagement – jetzt sind vor allem die Ideen der Anwohner gefragt, denn schließlich geht es um ihre Lebensqualität und um eine gute Zukunftsperspektive für die Jüngsten.

Mehr Geld für lebenswerte Kommunen – die SPD hält, was sie verspricht!