Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese dritte Fortschreibung des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes ist sicherlich nicht einzig und allein die vertrauensbildende Maßnahme, auf die Kollege Kampeter eben hingewiesen hat; denn zwingend notwendig wäre neben dieser Verlängerung – vor einem Jahr waren Sie ja noch der Auffassung, Sie bräuchten das nur noch für ein Jahr -, dass wir eine stärkere Regulierung auf den Finanzmärkten dahin gehend zustande bringen, dass große Banken den Staat künftig nicht mehr erpressen können, indem sie gefährliche Geschäfte machen, ihre Gewinne privatisieren und im Verlustfall den Steuerzahler haften lassen. Das ist nicht akzeptabel.
(Beifall bei der SPD)
Herr Kollege Kampeter, darauf gibt dieser Gesetzentwurf aber keine Antwort. Ihre Maßnahmen zur Abwicklung von Banken sind eine Fortsetzung oder ein Aufgreifen eines Gesetzentwurfs von Peer Steinbrück und Brigitte Zypries, der Restrukturierungs- und Abwicklungsmöglichkeiten enthielt, die Sie nun in einen Gesetzentwurf gegossen haben. Das ist in Ordnung. Nicht in Ordnung ist, dass dann, wenn eine Bank einmal abgewickelt werden sollte, was in einem Markt möglich sein muss, dafür der Steuerzahler haftet, nicht aber der Bankensektor selbst.
(Beifall des Abg. Bernd Scheelen (SPD))
An diesem Punkt bleiben Sie einfach deutlich zurück, und dies auf zwei Ebenen: Die erste ist die europäische Ebene, und die zweite ist die nationale Ebene. Zur nationalen Ebene kann man ganz klar sagen: Ihnen ist es nicht gelungen, den Bankensektor in Deutschland neu zu strukturieren.
(Beifall bei der SPD)
Herr Kampeter, nehmen wir einmal als Beispiel die Landesbanken. Sie selbst haben zu einem großen Gipfel eingeladen – ich glaube, das war im Jahre 2010 -, bei dem es darum ging, wie denn der Landesbankensektor – der grundsätzlich ein Problem ist – neu strukturiert werden soll. Ergebnis: Fehlanzeige. Dies wird Ihnen auch von der Europäischen Kommission bestätigt. Es ist in der Tat richtig, dass es hier eine Lücke, gibt. Sie haben sich nicht darum gekümmert.
(Otto Fricke (FDP): Gerade bei den Landesbanken!)
Der zweite Fehler betrifft die ganz zentrale Frage, wer hier eigentlich dafür zahlt. Sie korrigieren sich hier in diesem Gesetzentwurf erstmals. Wenn eine Bank abgewickelt wird, soll die Verluste also der Bankenhaftungsfonds tragen. In diesen Fonds kommt pro Jahr aber nur eine halbe Milliarde Euro hinein, weil Sie die Banken schonen. Ich nehme die Deutsche Bank als Beispiel: Dafür, dass Sie so groß und systemrelevant ist, hat sie in der Refinanzierung gegenüber Sparkassen und Kleinbanken einen Zinsvorteil von 2,5 Milliarden Euro pro Jahr. Ich finde, diese 2,5 Milliarden Euro müsste man abschöpfen.
(Beifall bei der SPD – Otto Fricke (FDP): Was?)
– Dies müssten Sie korrigieren, ja.
(Georg Schirmbeck (CDU/CSU): Soll die auch noch notleidend werden?)
– Lesen Sie die Studie des Internationalen Währungsfonds von Frau Weder di Mauro, einem ehemaligen Mitglied im Sachverständigenrat, in der sie ganz klar sagt: Weil die Deutsche Bank so groß ist, dass sie nicht pleitegehen kann, der Staat sie nicht pleitegehen lassen darf, was natürlich auch alle anderen Partner wissen, bekommt sie so günstige Zinsen, um sich zu refinanzieren. – Ihr Wettbewerbsvorteil macht in Summe 2,5 Milliarden Euro aus. Dafür sind wir Garantiegeber. Wir bekommen nur nichts. Ich finde, da müssten Sie handeln, damit unsere Leistung auch bezahlt wird.
(Beifall bei der SPD – Otto Fricke (FDP): Gilt das auch für die Sparkassen?)
Hier in Deutschland schöpfen Sie mit diesem Restrukturierungsgesetz die Vorteile, die der Bankensektor hat, tatsächlich nicht ab, sondern lassen mehr oder weniger die Steuerzahler haften.
Der zweite Punkt betrifft die europäische Dimension. Auf der europäischen Ebene ist zwingend notwendig, dass wir zu dem von Herrn Draghi am Mittwoch vor dem Haushalts- und Finanzausschuss skizzierten Konzept einer stärkeren Bankenunion, eines gemeinsam strukturierten Bankenmarktes mit klaren Regeln kommen. Nun hat Ihre Bundeskanzlerin auf dem EU-Gipfel am 29. Juni 2012 zugesagt, eine Bankenaufsicht einzuführen; das ist so weit in Ordnung. Aber dass die von denjenigen Ländern, die in der Vergangenheit Schindluder mit ihren Banken getrieben haben, deren Bankenaufsicht schlecht war, die sich nicht gekümmert haben und die zu große Banken hatten – für deren Risiken müssen jetzt andere einstehen; ich denke hier an Irland und Spanien – verursachten Kosten vom Euro-Rettungsfonds, das heißt, vom deutschen Steuerzahler und von anderen europäischen Steuerzahlern, getragen werden müssen, ohne dass die Banken einen Cent dafür bezahlen, ist nicht akzeptabel.
(Beifall bei der SPD)
Sie haben vorhin das Thema Vertrauen angesprochen. Wir haben jetzt durch die Maßnahmen der EZB ein bisschen Ruhe. Es ist eine Scheinruhe; ich glaube nicht, dass sie lange anhält. Zwingend notwendig ist, dass wir auf europäischer Ebene zu einem klaren Rechtsrahmen im Bankensektor kommen. Jetzt zögern Sie das aber immer weiter hinaus. Sie tun das nicht, weil Sie die Bankenaufsicht nicht wollten, sondern deswegen, weil Sie vor der Bundestagswahl keine Entscheidung wollen, dass europäische Banken durch deutsches Steuergeld rekapitalisiert werden. Das haben Sie aber zugesagt. Ich finde, dazu müssen Sie auch stehen. Das müssen Sie jetzt auch durchführen, zumindest hinsichtlich der Bankenaufsicht. Das sollten Sie nicht auf die lange Bank schieben; denn das würde letztendlich zu einem Verlust an Vertrauen und höheren Gemeinkosten führen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Roland Claus (DIE LINKE))
Eines kann ich Ihnen nicht ersparen: Die Bankenrettung in Deutschland war nicht umsonst. Für die Hypo Real Estate, für Teile der WestLB und für andere Bereiche fallen Kosten an. Wir haben schon 2008, bei der ersten Lesung – Kollege Kampeter, das wissen Sie ganz genau -, vorgeschlagen, dass die Banken dafür haften. Die CDU/CSU hat dies damals verhindert. Sie sind jetzt zu einer anderen Einsicht gelangt. Das ist gut. Nur: Ihre Nichteinsicht vor vier Jahren hat dazu geführt, dass jetzt die Steuerzahler und nicht die Banken einen zweistelligen Milliardenbetrag finanzieren müssen; das ist nicht in Ordnung.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Roland Claus (DIE LINKE))
Der Haushaltsausschuss hat beschlossen, nochmals Experten zu diesem Thema anzuhören, zumindest schriftlich. Wir werden konstruktiv an diesem Gesetzentwurf mitarbeiten. Die zentralen Fragen sind unseres Erachtens noch nicht beantwortet. Erstens: Wie kann verhindert werden, dass eine Bank einen Staat erpressen kann? Zweitens: Wie kann dafür gesorgt werden, dass die Kosten einer Bankenpleite, auch rückwirkend, nicht vom Steuerzahler, sondern vom Bankensektor selbst getragen werden?
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)