Die SPD-Bundestagsfraktion lädt mit einem Internet-Angebot zum Mitmachen ein und stellt auf ihrer Beteiligungsplattform „Zukunftsdialog online“ die Frage: Wie wollen Sie leben? Interessierte Bürgerinnen und Bürger, Organisationen, Interessenverbände und viele andere können ihre Antworten und Ideen, Meinungen und Vorschläge zu verschiedenen Themen einbringen. Als bisher einzige Fraktion im Bundestag bietet die SPD eine solche Beteiligungsmöglichkeit im Internet unter zukunftsdialog.spdfraktion.de an.
„Mit diesem Angebot gehen wir völlig neue Wege, damit möglichst viele mitreden und mitentscheiden können“, erklärt der Thüringer SPD-Bundestagsageordnete Carsten Schneider.
„Zu Themen wie Ganztagsschulen, Infrastruktur, Gleichstellung oder demografischer Wandel kann man über die Plattform auf politische Inhalte aktiv Einfluss zu nehmen. Die Ergebnisse werden in ein ‚Zukunftskonzept für Deutschland‘ einfließen, das wir bis zum Sommer erarbeiten.“
Die SPD-Bundestagsfraktion entwickelt im Rahmen ihres „Projekt Zukunft“ Lösungen für drängende Modernisierungsfragen in Deutschland. Um politische Vorschläge zu erarbeiten, die nicht nur gut klingen, sondern praxistauglich und umsetzbar sind, öffnen die einzelnen Projektgruppen ihre Arbeit und treten jetzt auch über die Online-Beteiligungsplattform in den Dialog.
„Mit dem ‚Zukunftsdialog online‘ wollen wir als SPD-Fraktion die Transparenz in den Meinungsbildungsprozessen und politischen Entscheidungen erhöhen und eine neue demokratische Beteiligungskultur im parlamentarischen Raum etablieren.“
Die Beteiligungsplattform ist auf Basis der Software Adhocracy entstanden, die von dem gemeinnützigen Verein Liquid Democracy entwickelt wurde.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieses Gesetz ist ein weiterer Beleg für die Gültigkeit des Merkel’schen Gesetzes: Was vorher heftig dementiert und ausgeschlossen wird, wird später umso deutlicher und schneller Realität.
(Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU): Das ist Unsinn!)
Genau das ist hier der Fall.
(Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU): Das wird leider durch Wiederholungen nicht richtiger!)
Sie haben zu Beginn dieser Koalition – ich habe mir den Koalitionsvertrag noch einmal angesehen -, nachdem Sie das Restrukturierungsgesetz, auf das Kollege Barthle hingewiesen hat, durch den Bundestag gebracht haben, ausgeschlossen, dass jemals wieder die Notwendigkeit bestünde, dass ein Gesetz wie das Soffin-Gesetz, das der Bankenrettung dienen soll, das Licht der Welt erblickt. Aber jetzt legen sie ein Gesetz vor, das Sie selbst „Soffin-II-Gesetz“ nennen.
Herr Minister Schäuble, ich habe Sie im Haushaltsausschuss des Bundestages im November/Dezember 2010 mehrfach gefragt, ob es sinnvoll und klug ist, das Soffin-Gesetz auslaufen zu lassen, sich die Möglichkeit zu nehmen, mit Kapital, aber auch mit Garantien zur Stabilisierung des Finanzmarkts beizutragen. Sie haben stets geantwortet: Das brauchen wir nicht mehr. Wir haben das Restrukturierungsgesetz. Wir haben das geregelt. Jetzt sehen wir: Genau dieses Gesetz – es gibt nur ein paar Änderungen; Kollege Barthle hat das erläutert – wird dem Deutschen Bundestag wieder vorgelegt. Das ist wieder eine 180-Grad-Wende in Ihrer Politik. Erst haben Sie die ökonomische Einschätzung des IWF, von Teilen der SPD und anderen, dass dieses Gesetz notwendig ist, für absurd erklärt. Sie haben gesagt, dass Sie das nicht brauchen. Heute brauchen Sie es aber doch.
(Beifall bei der SPD)
Worum geht es? Wieder werden 400 Milliarden Euro an Garantien zur Verfügung stehen, für die der Bund und damit der deutsche Steuerzahler geradesteht. Das ist nicht ohne Risiko. Banken können Garantien bekommen, um Anleihen zu platzieren. Wir als SPD sehen die grundsätzliche Notwendigkeit für ein solches Gesetz. Allerdings sind wir bei einzelnen Maßnahmen anderer Meinung. Das betrifft zum Beispiel die Frage: Wer zahlt eigentlich die Zeche, wenn es zu einem Ausfall kommt? Sie sagen – das werden Sie heute beschließen – : Die Zeche zahlt die Allgemeinheit, die zahlt der Steuerzahler. Das halten wir für nicht vertretbar.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Hier sehe ich eine große Einigkeit mit der Bundeskanzlerin. Sie ist heute nicht anwesend. Abstimmen wird sie wahrscheinlich auch nicht. Am Mittwoch, dem 15. September 2010, hat sie im Rahmen ihrer Rede zum Haushalt 2011 gesagt – es ging da um den Bankenrestrukturierungsfonds; ich zitiere:
Es ist vollkommen klar: Je risikobehafteter das Kapital ist und die Geschäfte sind, umso mehr Abgabe – Bankenabgabe – muss gezahlt werden, damit in Zukunft nicht mehr der Steuerzahler für solche Krisen eintreten muss, sondern die Banken das selber tun müssen.
Das hat die Bundeskanzlerin vor anderthalb Jahren gesagt.
Was ist heute? Was wird mit diesem Gesetzentwurf vorgeschlagen? Kommt es durch Ausfälle – ich halte das für nicht ganz so unwahrscheinlich wie Kollege Barthle – zu einer Inanspruchnahme des Bundes, dann zahlt der deutsche Steuerzahler, die Allgemeinheit, und es zahlen eben nicht die Banken und der Finanzsektor. Das ist der entscheidende Grund, warum wir als SPD diesem Entwurf so nicht zustimmen werden.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Das heißt nicht: Wir entziehen uns der Verantwortung. Wir sagen: Wir brauchen das. Wir werden auch nicht populistisch sagen: Jetzt gibt es wieder Geld für die Banken und für die anderen nicht.
(Dr. Michael Meister (CDU/CSU): Das ist verantwortungslos, was Sie da machen, Schneider!)
Ich sage nur: Der Sektor muss diese Kosten im Zweifel selbst tragen – durch eine Besteuerung oder eine Veränderung der Bankenabgabe -; denn diese Kosten entstehen. Wir sehen das bereits bei dem bestehenden Soffin-I-Gesetz. Durch die damals notwendig gewordene Enteignung und Abwicklung eines Teils der Hypo Real Estate wird es zu hohen Verlusten kommen. Schätzungen liegen vor; das genaue Ergebnis werden wir kennen, wenn das Portfolio nicht mehr besteht.
(Norbert Barthle (CDU/CSU): Warten wir einmal ab, Herr Kollege!)
Herr Minister Schäuble, man hat den Eindruck, dass bei Ihnen außer Europa nichts mehr stattfindet. Sie sind immer noch Finanzminister der Bundesrepublik Deutschland. Es geht um die Zukunft des Finanzmarktes in Deutschland. Was Sie diesbezüglich in den vergangenen zwei Jahren auf den Weg gebracht haben, ist fast nichts. Dabei geht es um die Struktur des Bankensystems in Deutschland. Nehmen Sie das Beispiel Landesbanken: Im September 2010 haben Sie zu einem Gipfel eingeladen. Ziel war es, das Problem zu lösen. Was war das Ergebnis? Es gab keins. Die Bundesregierung hat die Segel gestrichen. Der Bund hat 2 Milliarden Euro zusätzlich bei der WestLB investiert und höchstwahrscheinlich verloren. Das war Ihre Entscheidung. An der Struktur des Landesbankensystems – hier brauchten wir wirklich Reformen, sowohl hinsichtlich der Anzahl als auch hinsichtlich des Bilanzvolumens – gibt es aber keine Veränderungen.
Nehmen Sie als zweites Beispiel die Einlagensicherung. Es gibt ein Einlagensicherungssystem der privaten Banken, eines der Genossenschaftsbanken und eines der Sparkassen. Ich persönlich habe ernsthafte Zweifel an der Notwendigkeit von drei verschiedenen Systemen und an der Leistungsfähigkeit der Systeme. Was haben Sie diesbezüglich in den letzten anderthalb, zwei Jahren auf den Weg gebracht? Nichts, gar nichts! Auch an dieser Stelle: Versagen.
Jetzt komme ich zu den Eigentumsverhältnissen. Nehmen wir die Hypo Real Estate als Beispiel. Ich will gar nicht auf den Buchungsfehler von 55 Milliarden Euro eingehen – das war ja nur eine „Kleinigkeit“, die da durchgegangen ist -, sondern auf die Frage: Was passiert eigentlich mit dem Rest der Hypo Real Estate? Ist es wirklich notwendig, dass Sie als bürgerliche, marktwirtschaftlich – das gilt vor allem für die FDP – orientierte Koalition versuchen, die Deutsche Pfandbriefbank, die Sie nebenbei abgespalten haben – sie ist zu 100 Prozent staatliches Eigentum -, zu finanzieren, obwohl es für deren Geschäftsmodell nur einen sehr schwierigen Markt gibt? Die Expertenkommission von Professor Zimmer, die Sie per Koalitionsvertrag und Bundesregierungsbeschluss einberufen haben, hat Ihnen empfohlen, diese Bank abzuwickeln, sie vom Markt zu nehmen. Das wäre für den Finanzplatz Deutschland eine wichtige strukturelle Entscheidung gewesen. Was machen Sie? Mit Staatsgeld, mit Staatsgarantien halten Sie diese Bank am Leben; dies birgt ein hohes Risiko, dass zukünftig wieder Verluste entstehen. Da kann ich keine Ordnungspolitik erkennen, im Gegenteil. Deswegen meine ich, dass Sie auch an dieser Stelle im Finanzsektor in Deutschland versagt haben.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich könnte diese Liste noch weiterführen. Ich will jetzt aber erläutern, was wir als SPD-Fraktion an diesem Gesetzentwurf kritisieren; wir haben – in Teilen gemeinsam mit Bündnis 90/Die Grünen – entsprechende Änderungsanträge im Ausschuss eingebracht.
Die erste Frage, die Frage der Kosten, habe ich schon genannt.
Die zweite Frage ist: Freiwillige Eigenkapitalzuführung oder notfalls durch Zwang? Die Amerikaner und die Briten haben gute Erfahrungen damit gemacht, dass sie im Rahmen der Finanzkrise gesagt haben – es war vor allem der damalige Finanzminister Paulson – : Wenn ihr in Schwierigkeiten seid und zusätzliches Eigenkapital braucht, um Verluste auszugleichen und Vertrauen wiederzugewinnen, dann ist es notwendig, das schnell und zügig zu erledigen.
Sie legen jetzt eine rein freiwillige Lösung vor. Es gab ja den Referentenentwurf. In der Phase konnten die Banken bzw. die Vorstände sozusagen überlegen, ob man staatliche Hilfe haben möchte oder nicht. Ich zitiere nur Herrn Blessing, den Chef der Commerzbank, der sagte: Da gehe ich nie wieder hin. – Die wollen das also nicht. Diese Einzelinteressen mögen nachvollziehbar sein; im Interesse des öffentlichen Gutes „Finanzmarktstabilität und öffentliche Finanzen“ ist das aber nicht. Deswegen ist ein staatliches Eingriffsrecht an dieser Stelle unumgänglich. Sie selbst hatten im Referentenentwurf eine bessere Möglichkeit vorgesehen. Herr Minister Schäuble, ich kann die Veränderung des Entwurfs nur so interpretieren, dass Sie sich gegenüber der FDP nicht durchsetzen konnten; aber es ist ein großer Fehler, sich auf die Freiwilligkeit und die Einsicht der Bankvorstände zu verlassen. Das haben die vergangenen drei Jahre gezeigt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die dritte Frage lautet: Wie beteiligen wir uns an Banken? Niemand hier will Staatsbank spielen, im Gegenteil: Wir haben immer deutlich gemacht, dass man sich so schnell wie möglich lösen sollte, zum Beispiel von der Deutschen Pfandbriefbank, und dort als Staat dauerhaft kein Kapital halten sollte. Wenn es aber notwendig ist, dass wir uns beteiligen, dann, so meine ich, muss es zwingend so sein, dass wir auch das Sagen haben. Das ist ebenfalls eine Lehre aus den vergangenen drei Jahren. Das Sagen zu haben, bedeutet, sich tatsächlich Aktienkapital und Mitspracherechte zu sichern und in Teilen auf die Geschäftspolitik Einfluss zu nehmen; denn es ist unser Geld, das Geld des Steuerzahlers, das hier investiert wird. In diesem Sinne muss klar sein, dass wir als Bundestag dann auch die Rechte haben, zu kontrollieren und Einfluss zu nehmen. Das steht für uns an erster Stelle. Sie sehen das nur als Möglichkeit im Gesetzentwurf vor. Diese Möglichkeit kann so oder so genutzt werden. Das ist uns eindeutig zu wenig. Ganz klar: Wenn man sich beteiligt, dann muss man auch Aktienkapital halten!
Der vierte Punkt findet sich auch in einem unserer Änderungsanträge wieder. Wir sind der Auffassung: Wenn eine Bank Stabilisierungsmaßnahmen erhält, darf es keine Boni und keine Dividendenausschüttung geben. Solange die Bank vom Staat gestützt wird, muss klar sein, dass Gewinne nicht an Mitarbeiter und Aktionäre ausgezahlt, sondern dazu verwendet werden, das Eigenkapital zu stärken, sodass wir als Staat nicht mehr das Risiko tragen. Es kann nicht sein, dass der Staat für die Risiken geradesteht und das private Kapital die Gewinne mitnimmt.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Das ist nicht soziale Marktwirtschaft, wie wir sie uns vorstellen.
Der fünfte Punkt: die Befristung des Gesetzes. Sie befristen das Gesetz bis zum 31. Dezember 2012; es wird also letztendlich in der praktischen Anwendung etwa ein Dreivierteljahr gelten. Wir haben – das ist ein gutes Beispiel, wie man Europapolitik nicht machen sollte – durch die Stresstests der europäischen Bankenaufsicht mehr Verunsicherung geschaffen als Sicherheit.
Herr Minister Schäuble, Sie gehören der EBA ja nicht an. Aber Sie haben als Finanzminister mit den Beschluss gefasst, dass ein Stresstest durchgeführt werden soll, und nach dem Beschluss, dass er durchgeführt werden soll, zugelassen, dass sechs bis acht Wochen lang hin und her überlegt und hoch und runter über die Frage diskutiert wurde: Was ist hartes Eigenkapital und was nicht? Die Anforderungen wurden permanent verändert. Staatsanleihen wurden „gestresst“ – das heißt, sie müssen näher am Marktwert bilanziert werden -, was dazu führt, dass jetzt keiner mehr Staatsanleihen kauft. Deswegen: Ein Grund dafür, dass sich Europa jetzt in einer Krise befindet, besteht darin, dass Sie diesen verkorksten Stresstest zugelassen haben. Sie hätten ihn verhindern müssen.
(Beifall bei der SPD)
Der Stresstest hatte zur Folge, dass Staatsanleihen als unsicher gelten. Sie befördern das sogar durch die Aufsicht, indem festgelegt wurde, dass sie derzeit zum Marktpreis zu bilanzieren sind. Das führt dazu, dass jetzt keine Staatsanleihen mehr gekauft werden. Die Nullgewichtung, die wir bisher hatten, wurde ad absurdum geführt. Sie selbst haben einen Katalysator geschaffen, der bewirkt, dass die Verunsicherung an den Märkten größer wird.
Deswegen, meine Damen und Herren: Wir stimmen diesem Gesetzentwurf so nicht zu, weil er unvollkommen ist, weil er die Rechte des Parlaments und des deutschen Steuerzahlers nicht ausreichend würdigt und weil Sie der FDP an dieser Stelle viel zu weit entgegengekommen sind.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD – Norbert Barthle (CDU/CSU): Aha! Aber zu einem eigenen Gesetzentwurf kein einziges vernünftiges Argument! Das ist interessant!)
Die SPD hat sich zum Ziel gesetzt, in den kommenden Jahren kontinuierlich mehr in Bildung zu investieren. Aber damit der Bund in Zukunft mehr Finanzmittel bereitstellen kann, muss zunächst das Grundgesetz geändert werden und das Kooperationsverbot fallen. Es setzt der Zusammenarbeit von Bund und Ländern zu enge Grenzen. Aus heutiger Sicht war das Kooperationsverbot im Rahmen der Föderalismusreform II ein Fehler.
Der Bund muss sich an den dringend erforderlichen Investitionen beispielsweise beim Ausbau und der Erneuerung von Kitas und Schulen, bei den Studienplätzen und der Weiterbildung beteiligen können. Investitionen etwa in Schulen, für die allein die Länder zuständig sind, dürfen dem Bund nicht länger untersagt bleiben. Die Länder sollen für Bildung primär zuständig bleiben. Aber es geht darum, dass Bund, Länder und Kommunen die großen Projekte in der Bildungspolitik künftig gemeinsam realisieren können.
Auf unserem Bundesparteitag haben wir ein Steuer- und Finanzkonzept beschlossen, auf dessen Grundlage wir die Bildungsausgaben des Bundes aufwachsend bis zum Jahr 2016 auf zehn Milliarden Euro jährlich steigern wollen. Um diese zusätzliche Bildungsinvestitionen zielgenau einzusetzen, müssen wir den notwendigen gesetzlichen Rahmen schaffen und im konkreten Fall die Verfassung ändern.
Wir wollen im Grundgesetz einen neuen Artikel 104c verankern. Dauerhafte Finanzhilfen des Bundes für die Bildung wären dann auf Grundlage von Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern möglich, ohne die Bildungshoheit der sechszehn Bundesländer einzuschränken.
Bisher kann oder konnte der Bund die Länder nur durch komplizierte Rechtskonstruktionen finanziell unterstützen, wie zum Beispiel beim von der damaligen SPD-geführten Bundesregierung gestarteten milliardenschweren Ganztagsschulprogramm. Solche notwendigen und erfolgreichen Bildungsangebote sollen in Zukunft einfacher realisiert werden können.
Nach unserem heutigen Vorschlag ist nun die Bundesregierung am Zuge. Sie muss den Weg für eine Grundgesetzänderung frei machen, damit wir künftig mehr Geld in Bildung investieren können und dadurch auch ein Bildungswesen etablieren, das allen möglichst gleiche Perspektiven bietet.
Am Anfang war er einfach nur der „jüngste Abgeordnete aller Zeiten“, und als er, gerade 22 Jahre alt, mit dem Zug aus Erfurt in Bonn ankam, der damals noch nicht abgewickelten Bundeshauptstadt, wurde er am Hauptbahnhof von Rundfunk- und Fernsehteams empfangen wie ein Popstar. Das war 1998. Damals trug Carsten Schneider noch eine lustige Igelfrisur, sah neugierig durch seine dicke Brille und sagte Sätze wie: „Man sollte nicht länger als zwölf Jahre im Bundestag bleiben, danach verblödet man.“
Der einstige Grünschnabel – inzwischen verheiratet und Vater zweier Töchter – ist mit seinen 35 Jahren immer noch jung. Aber verblödet ist er nicht, sondern im Gegenteil fast schon ein alter Fuchs, der sich auskennt im Parlamentsbetrieb: Einer der weiß, wie man um Mehrheiten und Kompromisse feilscht, wann man sich mit wem verbündet, um ans Ziel zu kommen, und wie man es schafft, die Nummer eins auf der Landesliste zu bleiben.
https://www.carsten-schneider.de/wordpress/wp-content/uploads/2014/12/450-portrait1.jpg320450Carsten Schneiderhttps://www.carsten-schneider.de/wordpress/wp-content/uploads/2021/07/hp-cs-kasten_rot.pngCarsten Schneider2012-01-25 15:02:162015-02-27 09:17:05„Ich will die Leute nicht für dumm verkaufen“
Zum Vorschlag der Thüringer FDP, ein Spendenkonto zugunsten des Landes einzurichten, habe ich für die heutige Thüringer Allgemeine folgenden Beitrag verfasst:
Auf den ersten Blick ist das vom Landtag beschlossene „Thüringer Schuldenkonto“ eine schöne Idee: Mit freiwilligen Geldbeträgen können sich alle Bürgerinnen und Bürger – vor allem die wohlhabenden – am Abbau der Landesschulden beteiligen. Jeder Euro, der auf das Konto fließt, wird ab 2013 verbindlich zur Schuldentilgung verwendet. Wer sollte etwas dagegen haben? Doch hat die Sache einen Haken.
In Wahrheit ist das Schuldenkonto ein Placebo, das von den tatsächlich notwendigen Maßnahmen zur Sanierung der öffentlichen Haushalte ablenkt. Thüringen ist mit 16 Milliarden Euro verschuldet. Dass auf freiwilliger Basis genügend Geld eingesammelt wird, um auch nur einen Bruchteil davon zu tilgen, glaubt niemand ernsthaft.
Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble hat vor zwei Jahren ein bundesweites Schuldenkonto eingerichtet. Bisher sind gerade mal 140 000 Euro dort eingegangen angesichts des Schuldenstandes des Bundes von 1,3 Billionen Euro kaum der Rede wert.
Die strukturellen Probleme der öffentlichen Haushalte lassen sich nur lösen mit einem Dreiklang aus Kürzungen, Investitionen in Wachstum und höheren Steuern für Wohlhabende. Das Thüringer Schuldenkonto zielt in die entgegengesetzte Richtung: Die vermögenden Bürger werden aus ihrer Verantwortung entlassen und sollen selbst entscheiden, ob sie einen zusätzlichen Beitrag leisten. Das Prinzip der Steuerpflicht wird durch Freiwilligkeit ersetzt.
Kein Zufall, dass der Vorschlag für das Konto von der FDP kommt. Offenbar will die Partei ihre Klientel mit diesem Ablenkungsmanöver schützen.
Die FDP scheint die Auswüchse des deutschen Schuldenproblems noch immer nicht begriffen zu haben. Mittlerweile hat der Schuldenstand des Gesamtstaats – Bund, Länder und Gemeinden – die magische Grenze von 2 Billionen Euro überschritten. Um diese Summe auf einen Schlag zu tilgen, müsste jeder Bürger vom Säugling bis zum 100-Jährigen dem Staat umgerechnet 25 000 Euro überweisen. Schlimmer noch: In den kommenden Jahren wird der Druck auf die öffentlichen Haushalte stark zunehmen.
Thüringen steht mit 16 Milliarden Euro in der Kreide; anderthalbmal so viel, wie der Freistaat 2011 insgesamt ausgegeben hat. Haushaltsdisziplin ist also dringend notwendig. Deshalb will die Landesregierung in diesem Jahr keine neuen Schulden mehr aufnehmen.
Trotzdem ist keine Entwarnung in Sicht: Der Thüringer Finanzminister hat noch kein schlüssiges Konzept vorgelegt, wie er angesichts der jährlich schrumpfenden Mittel aus dem Solidarpakt künftig weiter vernünftig haushalten und gleichzeitig sparen will.
Wer die ausufernde Staatsverschuldung in Deutschland wieder in den Griff bekommen will, muss einen Blick auf die Schuldengeschichte werfen: In den vergangenen vierzig Jahren hat sich die deutsche Schuldenquote – das Verhältnis des Schuldenberges zum Bruttoinlandsprodukt – mehr als vervierfacht. 1970 betrug sie 18 Prozent und wuchs bis 1989 auf 40 Prozent an. Nach 1990 ging es steil bergauf: Vor der Finanzkrise 2008 lag die Schuldenquote schon bei 64 Prozent. Derzeit sind es über 80 Prozent – gut 20 Prozentpunkte über der Maastricht-Grenze von 60 Prozent.
Für diese Entwicklung gibt es zwei Gründe: Erstens haben die deutsche Einheit und jüngst die staatlichen Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft enorme Kosten verursacht. Zweitens haben die unterschiedlichen Regierungen seit den Siebzigerjahren eine expansive Finanzpolitik betrieben: In wirtschaftlich schlechten Zeiten erhöhten sie – verständlicherweise – die staatlichen Ausgaben, um die Konjunktur anzukurbeln. Jedoch bauten sie die aufgelaufenen Defizite in guten Zeiten nicht wieder ab. Häufig stiegen die Ausgaben sogar noch, manchmal kombiniert mit Steuersenkungen.
Heute handelt die schwarz-gelbe Bundesregierung wieder genauso: Trotz steigender Einnahmen will sie 2012 über 50 Prozent mehr Schulden aufnehmen als im Jahr zuvor und kündigt zugleich für das Wahljahr 2013 niedrigere Steuern an. Dafür bricht die Regierung Merkel die erst im Jahr 2009 von der Großen Koalition eingeführte Schuldenregel im Grundgesetz – unter lautstarkem Protest von Bundesbank, Sachverständigenrat und Bundesrechnungshof. Gemäß der Schuldenregel, auch „Schuldenbremse“ genannt, muss die Neuverschuldung des Bundes bis 2016 sukzessive auf 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sinken; die Länder dürfen ab 2020 überhaupt keine neuen Schulden mehr machen.
Damit die strukturellen Probleme der öffentlichen Haushalte langfristig gelöst werden, hat die SPD auf ihrem Bundesparteitag im Dezember ein umfassendes finanzpolitisches Konzept beschlossen, an dem ich federführend mitgearbeitet habe. Mit dem „Pakt für Bildung und Entschuldung“ hält die SPD die Schuldenbremse strikt ein und schafft zugleich Spielräume für Investitionen in Bildung und Infrastruktur. Gut für Thüringen: Die für Bildung zuständigen Länder erhalten zusätzliche Mittel! Und wenn wir das sogenannte Kooperationsverbot abschaffen, kann sich auch der Bund stärker an den Bildungsausgaben der Länder beteiligen. Parallel dazu erhöhen wir die Finanzkraft der Städte und Kommunen. Das Geld soll dahin fließen, wo es im Alltag der Menschen gebraucht wird. Damit keine Schwimmhallen, Theater und Bibliotheken geschlossen werden.
Um dies zu finanzieren, hat die SPD konkrete Vorschläge für Ausgabenkürzungen vorgelegt. Darüber hinaus ist in der größten Staatsschuldenkrise aller Zeiten die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer, die Reform der Erbschaftssteuer sowie ein höherer Spitzensteuersatz ab 100 000 Euro notwendig und gerechtfertigt.
Schließlich haben die Wohlhabenden vom Wirtschaftsaufschwung der vergangenen Jahrzehnte und den guten Wachstumsbedingungen Infrastruktur, Bildung, Sozialsystem überdurchschnittlich profitiert, während immer mehr Menschen für Niedriglöhne arbeiten müssen.
Dadurch ist der Abstand zwischen Arm und Reich in Deutschland kräftig gewachsen. Im zurückliegenden Jahrzehnt haben sich die Bruttolöhne im untersten Viertel der Einkommensstatistik um fast 14 Prozent verringert, während die Einkommen im obersten Viertel um 3,5 Prozent zugenommen haben. Kaum verwunderlich, dass nur noch ein Fünftel der Deutschen die Einkommens- und Vermögensverteilung für gerecht hält.
Diese Entwicklung kann uns nicht egal sein kann. Denn Gesellschaften, in denen es mehr soziale Gleichheit gibt, funktionieren besser. Das haben die renommierten britischen Sozialforscher Kate Pickett und Richard Wilkinson in ihrer bahnbrechenden Studie „Gleichheit ist Glück“ empirisch belegt.
Die sozialen und gesundheitlichen Probleme in Industrieländern nehmen umso stärker zu, je größer der Abstand zwischen dem Oben und Unten wird. Besonders wichtig: Ungleichheit wirkt sich nicht nur auf die ärmeren Schichten negativ aus, sondern auf die gesamte Bevölkerung, indem sie den Statuswettbewerb verschärft und „sozialen Stress“ erzeugt.
Leider sind „Schuldenkonten“ weder auf die Schuldenkrise, noch auf die zunehmende soziale Spaltung eine Antwort.
Deren Befürworter führen als Kronzeugen übrigens gern den Pop-Star Marius Müller-Westernhagen ins Feld. Dabei hat der nie gefordert, Konten für den freiwilligen Schuldendienst einzurichten. Im Gegenteil, er sagte: „Ein paar Prozentpunkte mehr Steuern machen Wohlhabende nicht arm. Es werden sogar alle reicher, wenn die Einnahmen konsequent zur Schuldentilgung genutzt werden und Zukunft statt Zinsen schaffen.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Meinen Standpunkt zum Thüringer Spendenkonto habe ich in einem Beitrag für die Thüringer Allgemeine zusammengefasst. Den Artikel dazu können Sie hier lesen.
Der Sozialträgerverein „MitMenschen e. V.“ hat am Donnerstag, den 5. Januar 2012, sein neues Mehrgenerationenhaus am Moskauer Platz eröffnet.
Seit diesem Jahr läuft nicht zuletzt dank des Engagements der SPD-Bundestagsfraktion das Mehrgenerationenhaus-Folgeprogramm des Bundes, mit dem deutschlandweit 25 Einrichtungen für die nächsten drei Jahre finanziell gefördert werden. Hierfür hat sich der Verein mit einem überzeugenden Konzept beworben und ist zu Recht in das Förderprogramm aufgenommen worden.
Durch umfangreiche und bedarfsgerechte Freizeit-, Betreuungs- und Beratungsangebote für Kinder, Jugendliche, Familien und Ältere soll das neue Haus sowohl zu noch mehr Lebens- und Wohnqualität am Moskauer Platz als auch zu einem noch besseren Miteinander der verschiedenen Generationen beitragen.
Dem Team von „MitMenschen e. V.“ wünsche ich dafür alles Gute und viel Erfolg!
https://www.carsten-schneider.de/wordpress/wp-content/uploads/2012/07/MGH_5.1._hp.jpg640425Carsten Schneiderhttps://www.carsten-schneider.de/wordpress/wp-content/uploads/2021/07/hp-cs-kasten_rot.pngCarsten Schneider2012-01-09 14:03:002013-02-05 09:49:58Erfurt: Mehrgenerationenhaus am Moskauer Platz eröffnet
„In den kommenden drei Jahren erhält Kontakt in Krisen e. V. aus Erfurt rund 710.000 Euro für sein Projekt ‚KoPra – Kompetenz im Programmgebiet'“, freut sich der Erfurter SPD-Bundestagsabgeordnete Carsten Schneider, der den Verein in der Magdeburger Allee bereits mehrmals besucht hat.
„Alle, die sich im Verein gemeinnützig und sozial engagieren, leisten wertvolle Hilfe und sind für viele Bewohner im Stadtteil wichtige Ansprechpartner. Jetzt wird das Projekt weiter finanziell unterstützt und die erfolgreiche Arbeit kann fortgesetzt werden.“
Bereits in der Vorauswahl im vergangenen Sommer hatten die Verantwortlichen mit ihrem Konzept überzeugt. Zu den vielfältigen Angeboten des Vereins zählen beispielsweise Integrationshilfen für schulmeidende Jugendliche, kulturelle Sonntagsangebote für Kinder aus dem Stadtteil, Lebensmittelspenden, ein Tauschring sowie die Schuldner- und Insolvenzberatung.
Die Mittel kommen aus dem Programm „Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier“. Für die 2. Förderrunde stehen bis Ende Oktober 2014 bundesweit insgesamt 83 Millionen Euro für ähnliche Projekte bereit.
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