Am Mittwoch hat der Haushaltsausschuss den geplanten Rettungsmaßnahmen für Portugal in Höhe von 78 Milliarden Euro zugestimmt. Ein Drittel der Summe soll der Internationale Währungsfonds (IWF) zahlen, zwei Drittel kommen aus den Europäischen Rettungsschirmen EFSM und EFSF. Diese Mittel sind dringend notwendig. Ohne sie wäre Portugals Zahlungsfähigkeit bedroht.

Auch die SPD hat sich ihrer europapolitischen Verantwortung gestellt – allerdings nicht, ohne das europapolitische Versagen der schwarz-gelben Regierung offensiv anzuprangern. Denn seit Beginn der Staatsfinanzierungskrise besteht die Politik der Bundeskanzlerin aus Leugnen, Tricksen und Verheimlichen.

Beispielsweise weigert sich Schwarz-Gelb nach wie vor, im Zuge der Rettungsmaßnahmen das Verursacherprinzip durchzusetzen. In Wirklichkeit wird die Bevölkerung die geplanten Maßnahmen nur akzeptieren, wenn die privaten Gläubiger, die derzeit von hohen Zinsen profitieren, umfassend beteiligt werden. Und die dringend notwendige Steuer auf Finanztransaktionen ist bislang ein leeres Versprechen der Bundesregierung geblieben.

Außerdem hat die Regierung nicht verhindert, dass Nicolas Sarkozy und Silvio Berlusconi die Europäische Zentralbank (EZB) zur größten „Bad Bank“ Europas gemacht haben. Das Ergebnis: Die EZB besitzt griechische Anleihen in Höhe von 30 bis 50 Milliarden Euro und ist deshalb im Hinblick auf mögliche weitere Zahlungen an Griechenland keine unabhängige Instanz mehr. Zugleich zeigt sich an dieser Stelle exemplarisch, wie sehr der deutsche Einfluss auf wichtige europäische Entscheidungen durch Merkels Isolationspolitik mittlerweile geschwunden ist.

Ein weiterer Kritikpunkt lautet, dass die EU-Regierungen im Falle Griechenlands und Irlands die Kredite an unrealistische Konsolidierungsprogramme geknüpft haben, mit denen diese Länder kaum wieder auf eigene Beine kommen können. Hingegen benötigen wir einen „Marshallplan“ für Europa, um Investitionen und Wachstum zu erzeugen. Zur Finanzierung eines solchen Programms könnten die Einnahmen aus dieser europaweiten Finanztransaktionssteuer verwendet werden.

Bislang ist die Regierung nicht bereit, diese Kritik anzunehmen und Vorschläge von außen aufzugreifen. Im Gegenteil: Die Regierung behandelt den Bundestag wie einen lästigen Quälgeist. So enthält sie dem Parlament bis heute den aktuellen Vertragsentwurf zum langfristigen Euro-Rettungsschirm (ESM) ab 2013 vor, mit dem das Haushaltsrecht der nationalen Parlamente massiv beschnitten werden soll: Geplant ist, dass die Finanzminister im Verwaltungsrat des ESM allein über die Ausweitung des Bürgschaftsvolumens von 500 Milliarden Euro entscheiden können. Einen Antrag der SPD-Bundestagsfraktion im Haushaltsausschuss, der eine angemessene parlamentarische Kontrolle vorsieht, haben die Regierungskoalitionen am Donnerstag abgelehnt.

Übrigens ist die Arroganz gegenüber dem Bundestag auch ein Grund dafür, dass der Widerstand gegen Merkels europapolitischen Kurs in der eigenen Regierungskoalition wächst. Laut Süddeutscher Zeitung haben schon heute 19 Abgeordnete aus CDU/CSU und FDP erklärt, dass sie den geplanten langfristigen Rettungsschirm ESM nicht mittragen werden.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Barthle, Sie haben mit dem Satz geschlossen, dass Sie um das Vertrauen werben ? nicht nur des Bundestages, sondern sicherlich auch der Bevölkerung. Nun will ich Ihnen zugestehen, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Stabilisierungsmaßnahmen des Euros ? und nicht nur der Bevölkerung, sondern auch derer, die uns Geld geben; das sind letztlich die Versicherungen und Banken ?

(Otto Fricke (FDP): Was?)

entscheidend dafür ist, dass wir dauerhaft eine Stabilisierung der Eurozone erreichen. Die Frage ist nur: Wie informieren Sie dieses Parlament seit einem Jahr über alle die Dinge, die mit dem Euro und der Staatsfinanzierungskrise zusammenhängen?

(Beifall bei der SPD)

Sie informieren häppchenweise. Sie sind Getriebene der Märkte. Sie sind Getriebene Ihrer eigenen Skepsis in der Koalition. Es ist ja so, dass Sie in Bezug auf die Zustimmung zu den Maßnahmen für die Stabilisierung des Zusammenhalts Europas in Ihrer Koalition heftigen Widerstand haben.

(Otto Fricke (FDP): Ihr macht also mit?)

Schließlich sind es Ihre Mitglieder, die gegen die verschiedenen Maßnahmen vor dem Verfassungsgericht klagen, und nicht etwa die Opposition.

Das, was Sie hier tun, ist durch Verheimlichen, Tricksen und Leugnen gekennzeichnet. Das gilt ganz klar auch bei dem Punkt Griechenland. Finanzminister Wolfgang Schäuble hat heute kurz ausgeführt, es gebe darüber Diskussionen. Darüber gibt es keine Diskussionen, sondern es ist klipp und klar: Griechenland wird mit den bisher zugesagten 110 Milliarden Euro nicht auskommen. Vorgesehen war, dass Griechenland sich im Jahr 2012 zum Teil wieder selbstständig am Kapitalmarkt refinanziert. Schon jetzt steht fest, dass das nicht gelingen wird. Deswegen wäre es notwendig gewesen, heute an dieser Stelle im Deutschen Bundestag darüber Klarheit zu schaffen, anstatt Geheimtreffen in Luxemburg zu veranstalten und diese zu leugnen, um dann am Montag im Ecofin eine Lösung zu präsentieren. Der Bundestag ist der Ort, an dem so etwas diskutiert werden muss.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In der Frage der Krisenprävention geht es darum, wie wir die Stabilität der Eurozone hinbekommen. Es geht doch gar nicht um die Stabilität des Euro. Zu Beginn haben Sie ja immer gesagt, es gehe um den Euro. Der Euro steigt und fällt. Das hat relativ wenig damit zu tun.

(Otto Fricke (FDP): Was?)

Vielmehr geht es darum, ob Länder bankrottgehen und ob sie in der Eurozone bleiben. Damit stellt sich die Frage, ob es die Europäische Union so, wie sie sich bisher erfolgreich entwickelt hat, weiter geben wird. Diese Frage hängt elementar mit der Haushalts- und Finanzpolitik und letztendlich auch mit einer weiteren koordinierten Wirtschaftspolitik zusammen.

Man muss ganz klar sagen, dass das bisher dazu ? insbesondere zum Punkt Griechenland ? Vorgelegte einfach nicht überzeugend ist. Es ist ein Leugnen der wirtschaftlichen Situation Griechenlands, wenn Sie behaupten, 2013 könnten die Griechen wieder an den Kapitalmarkt gehen. Das ist eine pure Illusion. Sie können doch nicht ernsthaft glauben, dass das einem Land möglich ist, das 2013 eine Gesamtverschuldung von 160 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, der wirtschaftlichen Leistung, aufweisen wird.

Deswegen ist es meines Erachtens klüger, schnell Schritte zu gehen, die es Griechenland dauerhaft ermöglichen, wieder selbstständig zu arbeiten.

(Otto Fricke (FDP): Welche? Nennen Sie einmal welche!)

Diese Schritte sind: Erstens. Die einseitigen Sparpakete und Austeritätsmaßnahmen, die hier gemacht wurden, führen nicht zu stärkerem Wirtschaftswachstum. Es ist richtig, Wirtschaftsreformen durchzuführen. Aber es ist falsch, auf Investitionen zu verzichten. Das wäre auch eine Aufgabe der Europäischen Union.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens. Eine Möglichkeit, den europäischen Marshallplan für die Peripheriestaaten Südosteuropas zu finanzieren, wäre die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Ich komme darauf noch zurück.

(Oliver Luksic (FDP): Warum haben Sie das denn nicht gemacht? Sie waren doch an der Regierung!)

Drittens: Gläubigerbeteiligung. Was erleben wir momentan? Sie können derzeit kurzläufige Anleihen Griechenlands kaufen und erzielen bei sechsmonatiger Laufzeit eine Rendite, die zwischen 10 und 13 Prozent pro Jahr liegt ? und das nahezu gefahrlos, weil Sie zugesagt haben, dass es bis 2013 keinerlei Einschnitte oder Gläubigerbeteiligung gibt. Das heißt: Das Kasino ist zurück. Die deutschen und europäischen Steuerzahler finanzieren die Gewinne und Renditen von Hedgefonds in diesem Land. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik.

(Beifall bei der SPD)

Ich meine, dass es an dieser Stelle sinnvoller wäre, diese Gläubiger, die das Ganze im Übrigen zum Teil auch schon abgeschrieben und wertberichtigt haben, auch an den Restrukturierungsmaßnahmen zu beteiligen. Eine Option, die Sie bei dem kurzfristigen Stabilisierungsmechanismus ausgeschlossen haben, wäre gewesen, das Modell der Brady Bonds, die in Mexiko hervorragend funktioniert haben, zu nutzen, um europäische Garantien zu geben, aber auch den privaten Gläubigern ihre Mittel mit einem Kursabschlag zurückzuzahlen, damit sie sich im Rahmen einer Wertberichtigung an der Konsolidierung beteiligen.

(Beifall bei der SPD)

Das wäre ein Befreiungsschlag gewesen, der Griechenland auch geholfen hätte.

Stattdessen erleben wir, dass Sie europaweit isoliert sind.

(Oliver Luksic (FDP): Was ist mit Ihrer Enthaltung europaweit?)

Sie sind in der Frage der Gläubigerbeteiligung beim ESM isoliert. Sie haben das zwar mit den Staats- und Regierungschefs grob vereinbart, aber die halbe Welt ist dagegen.

Sie sind isoliert in der Frage, wie es mit der Europäischen Zentralbank weitergeht. Herr Sarkozy und Herr Berlusconi bestimmen mittlerweile, wie die Finanzpolitik in Europa aussieht. Diese beiden bestimmen durch Auftritte und Festlegungen, wer der neue Chef der Europäischen Zentralbank wird. Ich will klar sagen: Ich habe nichts gegen Herrn Draghi; ich halte ihn für kompetent. Aber dass Deutschland keine Rolle mehr bei dieser wichtigen Personalie spielt und auch sonst in europäischen Institutionen überhaupt nicht mehr vorkommt, ist auch ein Ergebnis Ihrer Isolationspolitik auf europäischer Ebene.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben den Bundesbankpräsidenten im Regen stehen lassen, als er die verdeckte Staatsfinanzierung in Form der Aufkaufprogramme der EZB kritisierte. Dies macht die EZB jetzt so handlungsunfähig und so willfährig, dass sie jedwede private Gläubigerbeteiligung ablehnt.

(Oliver Luksic (FDP): Bei der Bankenrettung hat die SPD auch keine Gläubigerbeteiligung durchgesetzt!)

Ich will schlussendlich aus einem bemerkenswerten Artikel von Frau Berschens aus der heutigen Ausgabe des Handelsblatts zitieren:

Die Kosten der Schuldenkrise werden allein den Steuerzahlern aufgebürdet ? und zwar schleichend. Zentralbanker und Regierungen setzen darauf, dass die Bevölkerung die komplexen Zusammenhänge nicht durchschaut ? und brav zahlt. Doch diese Strategie des Durchwurstelns birgt am Ende das größte aller systemischen Risiken: den Aufstand der Bürger gegen die Europäische Währungsunion.

(Otto Fricke (FDP): Ist Ihnen wieder nichts Eigenes eingefallen?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hoffe, dies geschieht nicht. Allerdings erfüllt es mich mit Sorge, wenn ich mir Ihre Politik dazu anschaue.

(Beifall bei der SPD)

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Zu den Ergebnissen der heutigen Steuerschätzung erklärt der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Carsten Schneider:

Die heutigen Ergebnisse der Steuerschätzer sind eine Aufforderung, die Haushaltskonsolidierung stringent fortzusetzen. Der Bundesfinanzminister muss nun das tun, was er bei der Vorstellung der Eckwerte für den Haushalt 2012 und der Finanzplanung bis 2015 angekündigt hat: die konjunkturellen Mehreinnahmen müssen zur Reduzierung der Nettokreditaufnahme verwendet werden.

Keinesfalls dürfen diese konjunkturellen Mehreinnahmen dazu verwendet werden, dauerhafte Ausgaben zu finanzieren. Das würde dem Prinzip der Schuldenregel widersprechen.

Sollte der Finanzminister die Steuermehreinnahmen dazu nutzen, die Luftbuchungen aus seinem Sparpaket zu füllen, erwarten wir ein offenes Bekenntnis zur Fehlplanung der Bundesregierung und eine Darlegung, wie es dazu kommen konnte.

Die Steuerschätzung ist aber auch die Möglichkeit für Herrn Schäuble, auf den Boden des Grundgesetzes zurückzukehren.

Bisher nutzen der Bundesfinanzminister und die Koalition die Schlupflöcher, die durch die Interpretation des Ausführungsgesetzes zur Schuldenregel entstehen, um sich eine Kriegskasse für den Wahlkampf 2013 anzulegen. Er hat dabei allerdings die Reaktion aus dem Parlament und des versammelten Sachverstandes unterschätzt, die ihm dies in den vergangenen Monaten bei verschiedenen Gelegenheiten immer wieder vorgeworfen und nachgewiesen haben.

Die zusätzlichen Steuereinnahmen, die heute prognostiziert wurden, können nun dazu genutzt werden, den Abbaupfad der verfassungsgemäßen Auslegung der Schuldenregel einzuhalten. Mit den jährlichen Mehreinnahmen in Höhe von 5,4 Milliarden Euro gegenüber dem Eckwertebeschluss kann die Neuverschuldung 2012 auf 26 Milliarden Euro gesenkt werden. Die Mehreinnahmen können dazu beitragen, die Schuldenregel bereits mindestens ein Jahr früher als geplant einzuhalten. Schließlich definiert die neue Regel eine Obergrenze für die Neuverschuldung und fordert nicht eine regelmäßige Verschuldung in der Höhe von 0,35 Prozent des BIP. Die neue Regel setzt den gesunden Menschenverstand um, nämlich das in wirtschaftlich guten Zeiten Vorsorge getroffen werden muss für schlechtere Zeiten.

Wenn Herr Schäuble auch diese Gelegenheit verstreichen lässt, dann hat er seinen persönlich guten Ruf endgültig verspielt. Er macht sich damit aber auch unglaubwürdig, wenn er demnächst im Stabilitätsrat von den Bundesländern die Einhaltung der Schuldenbremse fordern wird. Schließlich kann er nicht von anderen verlangen, wozu er selbst nicht bereit ist. Aber auch die Bundeskanzlerin kann nicht mehr glaubwürdig ihre vollmundigen Forderungen an die europäischen Mitgliedstaaten vertreten und eine regelgebundene Haushaltspolitik fordern, wenn man die selbstgestellten Regeln in Deutschland mit Füßen tritt.

 

Hintergrund:

Im Eckwertebeschluss vor zwei Monaten hat der Bundesfinanzminister die Steuereinnahmen, die sich nach einer internen Schätzung gegenüber dem bisherigen Finanzplan zusätzlich ergeben, als Kitt für die Koalition genutzt und Geschenke an die Kabinettskollegen verteilt. Wären die höheren Steuereinnahmen von rund 10 Milliarden Euro und niedrigeren Arbeitsmarktausgaben von rund 3,5 Milliarden Euro schon vor zwei Monaten dazu verwendet worden um die Neuverschuldung zu senken, dürfte Finanzminister Schäuble im nächsten Jahr höchstens rund 26 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen — wohlgemerkt ohne jede Sparanstrengung. Im Eckwertebeschluss ist dagegen für 2012 eine Neuverschuldung von 31,5 Milliarden Euro vorgesehen. Bis zum Jahr 2015 summieren sich diese Differenzen zwischen konjunkturell möglicher Rückführung der Neuverschuldung und den Zahlen der Eckwerte für den Finanzminister auf rund 20 Milliarden Euro.

In seiner Studie „Zukunftsinvestitionen trotz Schuldenbremse?“ untersucht der frühere rheinland-pfälzische Finanzminister Prof. Dr. Ingold Deubel die Konsequenzen des Verfassungsgebotes sowohl auf die Einnahme- als auch auf die Ausgabeseite des Staates. So enthält die Studie unter anderem Modellberechnungen zur Schließung der Investitionslücken bei gleichzeitiger Einhaltung der Schuldenbremse bis zum Jahr 2020. Gemeinsam mit ihm und dem Vorsitzenden des Managerkreises der Friedrich-Ebert-Stiftung Klaas Hübner habe ich die Untersuchung in dieser Woche in Berlin vorgestellt.

Anlässlich der heutigen Anhörung im Bundestag zum geplanten Steuervereinfachungsgesetz erklärt Carsten Schneider, haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion:

Union und FDP planen eine Mini-Steuerentlastung von maximal 36 Euro im Jahr. Angesichts ihrer vollmundigen Ankündigungen ist der Koalition mit einer Netto-Entlastung von monatlich drei Euro kein großer Wurf gelungen.

Tatsächlich haben die Menschen durch steigende Sozialabgaben wie einen höheren Krankenversicherungsbeitrag und andere Belastungen seit Jahresbeginn noch weniger netto vom brutto. Damit überführt sich die Bundesregierung selbst der Nettolüge.

Laut Bundesregierung würden rund 550.000 Bürgerinnen und Bürger von der Anhebung des sogenannten Arbeitnehmerpauschbetrages um 80 Euro auf 1.000 Euro im Jahr profitieren. Aber in Wirklichkeit seien es weniger als ein Zehntel, schätzt die Deutsche Steuergewerkschaft, die künftig auf Einzelnachweise für ihre Werbungskosten verzichten können. Und das soll eine wesentlicher Bestandteil des Steuervereinfachungsgesetzes sein?

Außerdem erwarte ich nicht, dass Steuerpflichtige ihre Steuerklärung in Zukunft nur noch alle zwei Jahre statt bisher jährlich abgeben. Schließlich wollen sie auf ihre zu viel gezahlten Steuern nicht verzichten, sondern sie zeitnah rückerstatten lassen.

Alles in allem hat die heutige Anhörung gezeigt, dass die geplanten Neuregelungen nicht einmal ein kleiner Schritt in die richtige Richtung sind. Union und FDP müssen erheblich nachbessern, um ihrer eigenen Zielsetzung ansatzweise gerecht zu werden.

Am vergangenen Donnerstag war ich auf Einladung von Frau Richter und Frau Schulz, zwei Erfurter Bürgerinnen, zu Gast in einer Seniorenwohnung im Wohngebiet „Roter Berg“. In der altersgerecht umgebauten Wohnung 95 am Karl-Reimann-Ring 2 unterhielt ich mich etwa zwei Stunden lang mit zwanzig meist älteren Bewohnerinnen und Bewohnern über eine breite Palette gesellschaftlicher Fragen.

Es ist für mich immer wieder aufschlussreich, wie ganzheitlich sich spezifische politische Gestaltungsprobleme auf kommunaler, landes- oder bundespolitischer Ebene aus der Sicht des Lebensalltages darstellen: Die kaputte Straßenbahnhaltestelle vor dem Altersheim in der Neuwerkstraße schränkt Lebensqualität ebenso ein wie die geringe Entlohnung der Kinder, die als Erzieherinnen im Kindergarten arbeiten und die Ungleichbehandlung zwischen Ost und West im Rentenrecht.

Dabei ist mir einmal mehr klar geworden, dass die primäre Verpflichtung von Politik darin besteht, mit den Menschen zu reden, ihnen zuzuhören und bestimmte rechtliche und wirtschaftliche Sachverhalte zu erläutern. Genau deshalb gibt es mein Angebot „Schneider frei Haus“. Sie rufen an, wir vereinbaren einen Termin und treffen uns zum politischen Gespräch. Ich steuere den Kuchen bei und sie kochen Kaffee, der mindestens genau so gut schmeckt wie bei Frau Richter und Frau Schulz.

Wenn Sie mindestens fünf Freunde, Kollegen, Bekannte oder Verwandte für einen solchen „Haustermin“ finden, dann nehmen Sie einfach Kontakt mit meinem Wahlkreisbüro in Erfurt oder Weimar auf und ich komme „frei Haus“ zum Kaffee, zur Grillparty oder zur Familienfeier.

Ich bedanke mich bei den Damen für einen spannenden und anregenden Nachmittag und freue mich schon auf den nächsten Termin.

„Die Bundesregierung muss den Förderrahmen beim CO2-Gebäudesanierungsprogramm im Haushalt 2012 anheben“, fordert Carsten Schneider, SPD-Bundestagsabgeordneter für Erfurt und Weimar.

„Das Programm hilft Privatleuten genauso wie Kommunen, die ihren Gebäudebestand energetisch sanieren. Jeder eingesetzte Euro löst Investitionen von 12 Euro aus, setzt dadurch wirtschaftliche Impulse für den Mittelstand in Gang und sichert Arbeitsplätze beim regionalen Handwerk. Außerdem tragen die Maßnahmen aus dem CO2-Gebäudesanierungsprogramm zum Klimaschutz bei.“

„Trotz dieser positiven Effekte haben CDU/CSU und FDP die Fördermittel seit dem Jahr 2009 von 2,25 Milliarden Euro auf 900 Millionen Euro und damit um 60 Prozent gesenkt“, kritisiert der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

„In Thüringen wurden seit dem Jahr 2006 insgesamt rund 53.000 Wohneinheiten energetisch saniert und gebaut. Der Bund hat dafür Mittel in Höhe von etwa 480 Millionen Euro zur Verfügung gestellt“, nennt Schneider aktuelle Zahlen und fordert CDU-Landesbauminister Christian Carius auf, sich ebenfalls für eine Aufstockung der Mittel einzusetzen.

„Auch im Hinblick auf die notwendige Energiewende leisten Um- oder Neubauten, die aus dem Programm finanziert werden, einen wichtigen Beitrag. Sie helfen, Energie einzusparen. Wir dürfen schließlich nicht nur darüber nachdenken, woher wir auch künftig genug Energie beziehen können, sondern wir wie effizienter und sparsamer damit umgehen können“, so Schneider.

Das Landesbüro Thüringen der Friedrich-Ebert-Stiftung gibt die neue Publikationsreihe „Argumente Politikvorschläge für Thüringen“ heraus. In der ersten Ausgabe habe ich meine Position zur Überwindung der Finanzmarktkrise dargelegt. Wer sich dafür interessiert, findet meine Überlegungen hier.

 

Anlässlich der Vorbereitungen des Papstbesuches in der Thüringer Landeshauptstadt mahnt der Erfurter Bundestagsabgeordnete Carsten Schneider (SPD) die Verantwortlichen zur Besonnenheit bei der Erstellung des Sicherheitskonzeptes. Gegenwärtig laufen die entsprechenden Vorbereitungsgespräche zwischen Vatikan, Bistum und den Thüringer Sicherheitsbehörden.

Für Schneider besteht eine reale Gefahr, die verständliche Vorfreude der Erfurterinnen und Erfurter auf das Großereignis durch überzogene Sicherheitsauflagen zu trüben, wenn sogar Schulen geschlossen bleiben sollen und Eltern deshalb gezwungen sind, Urlaub zu nehmen. Aus Gesprächen mit Gewerbetreibenden hat Schneider zudem erfahren, dass sogar ein behördliches Verbot der Ladenöffnung für den innerstädtischen Bereich angedacht sein soll.

„Wenn es tatsächlich so sein sollte, dass die Läden in der Stadt während des Papstbesuches von Amts wegen schließen müssen, dann hielte ich das für eine völlig unverhältnismäßige Einschränkung der Gewerbefreiheit, denn es ist das gute Recht der Ladeninhaber, sich den Gästen aus aller Welt mit ihren Waren und Dienstleistungen zu präsentieren“, so der Bundespolitiker.

„Der Besuch des Oberhauptes der römisch-katholischen Kirche im Bistum Erfurt ist erfreulich. Aber es ist auch erforderlich, dass dabei die legitimen Rechte und Interessen der Erfurter Bürgerinnen und Bürger gewahrt bleiben,“ gibt Schneider zu bedenken.

„Ich halte überhaupt nichts davon, anlässlich des Besuches hier eine Art Ausnahmezustand auszurufen, sondern mahne bei allem Verständnis zur Besonnenheit: Der Papst soll die Messe zelebrieren, die Kaufleute sollen Handel treiben, Kinder zur Schule und Eltern zur Arbeit gehen können“, appelliert der SPD-Politiker an die Sicherheitsverantwortlichen.