Für SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider ist die Debatte um einen möglichen Euro-Austritt Griechenlands „absurd“. Spekulationen über eine Verkleinerung der Eurozone dürften nicht von Berlin angeheizt werden, sagte er im Deutschlandfunk. Eine Rückkehr zur Drachme würde Griechenland ins Chaos stürzen.

Gerd Breker: Am Telefon sind wir nun verbunden mit Carsten Schneider. Er ist stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion. Guten Tag, Herr Schneider.

Carsten Schneider: Guten Tag, Herr Breker. Ich grüße Sie.

Breker: Teilen Sie die undementierte Einschätzung von Kanzleramt und Bundesfinanzministerium, das ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone so ohne Weiteres verkraftbar wäre?

Schneider: Nein. Ich halte das für eine abenteuerliche Annahme, die ich nur damit begründen oder mir erklären kann, dass im Kanzleramt als auch im Finanzministerium die Sorge vor einem Wahlsieg des Herrn Tsipras in Griechenland sehr groß ist. Ich glaube auch, dass es negative Auswirkungen eher hat in Griechenland selbst, diese Diskussion, die von Deutschland aus geführt wird, denn verkraftbar … Auch Herr Tauber hat das ja eben gesagt, wir hätten jetzt Instrumente, um uns gegenseitig zu helfen. Das stimmt, aber nur im begrenzten Ausmaß. Die genannte Bankenunion, die ist noch gar nicht in Kraft. Das beginnt erst 2016. Und bis da mal Geld da ist, dauert es noch mal zehn Jahre. Und der ESM kann für kleinere Länder zur Verfügung stehen, aber er tut es mit Sicherheit nicht für Italien, weil die Mittel dort nicht reichen, sondern wir haben eine Beruhigung gehabt in den letzten Jahren. Die ist einzig und allein darauf zurückzuführen, dass die EZB, Mario Draghi, klar gesagt hat, er tut alles, um den Euro zu stützen. Und die Instrumente, die wir geschaffen haben, ergänzen das, aber sind bei Weitem nicht ausreichend.

Externer Link

Am Donnerstag präsentierten Linke, SPD und Grüne ihren Koalitionsvertrag. Bodo Ramelow soll erster linker Ministerpräsidenten werden. Der SPD-Parlamentarier Carsten Schneider freut sich über das Ende der CDU-Herrschaft und spricht im Interview über das sozialdemokratische Verhältnis zur Linkspartei.

Marisa Strobel: Herr Schneider, nach 24 Jahren CDU-Herrschaft kommt nun voraussichtlich der Regierungswechsel zu Rot-Rot-Grün. Der Koalitionsvertrag steht. Wie fühlen Sie sich?

Carsten Schneider: Ehrlich gesagt, euphorisch bin ich nicht. Die Revolution wird nicht ausbrechen in Thüringen, aber wir bekommen eine deutliche Veränderung der politischen Kultur. Der eigentliche Gewinn ist, dass die jahrelange CDU-Herrschaft beendet ist. Wir versuchen jetzt sozialgerechte und solide Politik für Thüringen zu machen.

Externer Link

Am Donnerstag haben sich das Europäische Parlament und die EU-Mitgliedsstaaten auf die Regeln zur Abwicklung von Krisenbanken geeinigt. Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Carsten Schneider begrüßt den Kompromiss und ist dennoch skeptisch, ob der Entwurf noch vor den Europawahlen verabschiedet wird.

vorwärts.de: Die EU-Staaten und das Europaparlament haben sich nach 16-stündiger Verhandlung auf einen provisorischen Kompromiss zur Bankenunion geeinigt. Wie zufrieden sind Sie mit dem Ergebnis?

Carsten Schneider: Der jetzige Kompromiss ist ein deutlicher Fortschritt zum status quo. Bisher gibt es keine Möglichkeit große grenzüberschreitende Banken abzuwickeln. Für diese Banken besteht deshalb eine implizite Staatsgarantie, das bedeutet, sie sind zu groß und es ist zu teuer, sie pleitegehen lassen zu können. Die Kosten müssten im Zweifelsfall immer wieder von den Staaten, also den Steuerzahlern, getragen werden. Jetzt wird eine europäische Abwicklungsbehörde für alle Banken geschaffen, so dass auch diese großen Banken beherrschbar werden und die Steuerzahler in Europa vor Verlusten geschützt werden.

Externer Link

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Carsten Schneider hat die Diskussion um die Verschiebung der Kindergelderhöhung als grotesk bezeichnet. Ein ausgeglichener Haushalt sei für Familien von weitaus größerer Bedeutung, sagte er im Deutschlandfunk.

Christiane Kaess: Wenn die Pläne von Wolfgang Schäuble aufgehen, dann würde dem Bundesfinanzminister Historisches gelingen, denn seit 1969 hat es keinen ausgeglichenen Haushalt mehr gegeben. Jetzt ist dieses Szenario ab dem Jahr 2015 zumindest realistisch. Allerdings muss Wolfgang Schäuble dafür das Geld auch gut zusammenhalten und hier und da Löcher stopfen. So hat er schon angekündigt, dass die Krankenkassen weniger Zuzahlung vom Staat bekommen sollen, und auch die Erhöhung des Kindergeldes wird eventuell verschoben. Heute geht es im Kabinett auch um den Haushalt 2014.

Mitgehört hat Carsten Schneider. Er ist als Fraktionsvize der SPD zuständig für Haushalt und Finanzen. Guten Morgen!

Carsten Schneider: Guten Morgen.

Kaess: Herr Schneider, dass die Erhöhungen des Kindergeldes ausbleiben könnten für einen ausgeglichenen Haushalt, das hat für Diskussionen gesorgt. Wird die Finanzplanung auf dem Rücken der Familien ausgetragen?

Schneider: Da gibt es groteske Diskussionen. Wer von zwei Euro möglicher Kindergelderhöhung sagt, das wäre dann der Untergang des Abendlandes, das halte ich für grotesk. Es ist auch noch gar nicht entschieden. Der entscheidende Punkt ist, dass wir mit dem Haushalt in der Finanzberatung auch heute im Kabinett und danach auch im Bundestag für Familien, was die ausgeglichenen Haushalte und keine neuen Schulden betrifft, glaube ich, die wichtigste Entscheidung treffen, und dann werden wir auch den Kinder-Grundfreibetrag erhöhen, das heißt das steuerfreie Existenzminimum, und dann auch die Frage klären, ob wir eine Kindergelderhöhung machen – ich glaube, zwei Euro ist wirklich nicht so viel, als dass sich darüber zu streiten lohnt -, oder ob wir neben der Kindergelderhöhung auch die Frage der Geringverdiener, die geringe Einkommen haben und deswegen, wenn sie Familie haben, Kinder haben, in das Arbeitslosengeld II letztendlich fallen, ob man den Kinderzuschlag nicht deutlich erhöht und den Familien dort noch hilft. Das wird zu entscheiden sein.

Externer Link

Immer mehr prominente Fälle von Steuerhinterziehung werden bekannt. SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider erläutert die Maßnahmen, der Steuerkriminalität international den Kampf anzusagen.

Alexander Linden: Welche sind die dringendsten Maßnahmen, um zu verhindern, dass reiche Menschen Teile ihres Vermögens einer gerecheten Besteuerung vorenthalten?

Carsten Schneider: Mehr und schärfere Kontrollen der Steuerbehörden, die mehr Personal brauchen. Zudem sich rigoros einsetzen für einen automatischen Daten- und Informationsaustausch mindestens zwischen den EU-Mitgliedstaaten, besser noch international. Das Schließen von Steueroasen oder zumindest eine Meldepflicht, wenn Kapital in solchen Staaten wie die Caiman Islands und andere transferiert werden soll. Härtere Strafen für Banken, die bei diesen kriminellen Handlungen helfen, und die Pflicht, alle Steuern vom Zeitpunkt der Hinterziehung nachzuzahlen plus einen Strafzuschlag. Das Letztgenannte können wir übrigens national rasch einführen, wenn die CDU/CSU endlich über ihren Schatten springen würde.

Externer Link

Mit gerade mal 22 Jahren saß Carsten Schneider (SPD) schon im Bundestag. Als damals jüngster Abgeordneter wurde er 1999 sogar für die Ausstellung „Wege – Irrwege – Umwege“ porträtiert, die sich mit der Geschichte des Parlamentarismus in Deutschland befasst. Wie sich das anfühlte und was sich seitdem im Parlament verändert hat, das hat er mitmischen-Autorin Nicole geschildert.

Nicole Prehn: Wie war es, mit 22 schon solch eine große Rolle in der Politik zu spielen?

Carsten Schneider: Es war eine große Herausforderung. Alles war neu und aufregend. Man muss seinen gesunden Menschenverstand einsetzen und  sich einarbeiten. Dann kann man sich auch zu Wort melden und sich durchsetzen.

Prehn: Heute sind Sie 37 Jahre und sitzen noch immer im Bundestag. Welche Ereignisse haben Sie geprägt? Und inwieweit hat sich Ihre Arbeit im Parlament seitdem verändert?

Schneider: Wichtig waren vor allem die Bundestagswahlen, die entscheidend für die Mehrheitsbildung sind, und Debatten, die im Bundestag stattgefunden haben, zum Beispiel die Afghanistandebatte, die Arbeitsmarktreformen, das Finanzmarktstabilisierungsgesetz, der Euro-Rettungsschirm ESM. Die Arbeit ist schneller geworden. Man muss zügiger reagieren. Die Öffentlichkeit kommt aufgrund von Direktkommunikation, also Twitter und E-Mail,  näher an mich ran. Es gibt einen intensiveren Austausch und eine hohe Erwartungshaltung. Ich soll schnell reagieren, kann das aber nicht immer zu allen Themen.

Externer Link

Der Bundestagsabgeordnete sprach mit Schülern über Peer Steinbrück im Hochwasser und über gleiche Chancen für alle.

Paul-Philipp Braun: Im Gegensatz zu Frau Merkel oder Herrn Seehofer hat man Kanzlerkandidat Peer Steinbrück nicht in den von der Flut betroffenen Gebieten gesehen. War das klug von ihm?

Carsten Schneider: Auch Peer Steinbrück war dort, nur ohne Kameras. In Schönebeck, südlich von Magdeburg, hat er sich über die Situation informiert. Es gab schon in der SPD eine Diskussion darüber, ob er medienwirksam dorthin reisen sollte. Ich persönlich finde, dass es sich zumindest für die jeweiligen Regierungschefs in Bund und Land gehört, zu den Betroffenen vor Ort zu gehen, auch wenn das immer nach Wahlkampf aussieht. Aber ob Peer Steinbrück nun auch noch vor laufender Kamera einen Sandsack von links nach rechts schleppt oder nicht – den Leuten, die ihr Eigentum an die Flut verloren hatten, hätte das auch nicht geholfen. Das war seine Entscheidung, ich hätte vielleicht anders entschieden. Die Zeit wird zeigen, ob das klug war.

Externer Link

Mit zehn Milliarden Euro wollen die EU-Staaten Zypern aus der Krise helfen. Doch dafür muss Zypern 5,8 Milliarden Euro Eigenanteil aufbringen. Am Donnerstag präsentierte die zyprische Regierung ihren Plan, das Geld durch einen Solidaritätsfonds aufzutreiben. Mittlerweile hat die Troika aus Europäischer Union, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds den Plan abgelehnt, berichten griechische Medien. Auch der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Carsten Schneider weist den Vorschlag der zyprischen Regierung zurück – und kritisiert die Bundesregierung für ihr Krisenmanagement.

vorwärts.de: Zypern will einen Solidaritätsfonds auflegen, der unter anderem mit den Goldreserven des Landes, dem Vermögen der Kirche und Pensionsfonds gefüllt wird. Was halten Sie von dem Plan?

Carsten Schneider: Das wird keine Lösung für die Staats- und Bankschulden in Zypern sein. Das Land ist überschuldet, die Banken sind pleite. Wenn wir Zypern im Rahmen des Rettungspakets Geld leihen, müssen wir sicher sein, dass die Zyprer es auch zurückzahlen können. Wenn Zypern jetzt seine Vermögenswerte verhökert, nur um seine Banken zu schonen, dann ist das nicht sinnvoll.

Der Bundestag wird keinem Rettungspaket zustimmen können, bei dem die Millionäre und Milliardäre nicht beteiligt werden, die in Zypern ihr Geld angelegt haben und damit Steuern sparen. Darunter sind auch Vermögende aus Deutschland, die ihr Geld nach Zypern gebracht haben. Es ist nicht vertretbar, dass wir quasi mit unseren Steuergeldern die Vermögen von Steuerflüchtlingen sichern.

Das zypriotische Geschäftsmodell mit seinen laxen Bankenkontrollen und niedrigsten Steuersätzen ist gescheitert. Das hat das Land ja in die Krise gestürzt. Hier muss etwas geändert werden.

Externer Link