Der Gemüseanbau in Erfurts Südosten hat eine lange Tradition. Schon zu meinen Kindertagen prägten Erdbeeren, Blumenkohl und Salat die Dittelstedter Flur. Um so mehr habe ich mich darüber gefreut, dass der Thüringer Landesverband Gartenbau den Erfurter Familienbetrieb „Fischer Gemüse“ GmbH & Co.KG als Schauplatz des ersten „Thüringer Gemüsetages“ ausgewählt hat.

Heute gehören über 30 Gemüsearten zum Anbausortiment und über die Nachfrage nach frischem, saisonalem Gemüse müssen sich die Fischers keine Sorgen machen. Vielen Dank für die Einladung und alles Gute für die Zukunft!

 

Auf mein Interview von vorgestern in der Berliner Zeitung habe mich viele Nachfragen erreicht, vor allem zu Haftungssumme von 1 Billion Euro.

Wie ich zu dieser Summer komme, möchte ich im Folgenden darlegen. Es ist zugleich meine Antwort auf einen heutigen Artikel, der auf „NachDenkeSeiten“ online erschienen ist.

 

Im Dezember 2010 habe ich in einem Artikel meine Überzeugung aufgeschrieben, dass eine Lösung der Finanz- und Refinanzierungskrise einiger Euro-Mitgliedstaaten nur gelingen kann, wenn die Staaten Europas enger zusammenrücken.

Wir brauchen eine gemeinsame Wirtschafts-, Finanz- und Haushaltspolitik, um Wachstum, Wohlstand und soziale Sicherheit in der EU insgesamt garantieren zu können. Dazu wird Deutschland weitere Kompetenzen an die europäische, gemeinschaftliche Ebene abgeben müssen. Dieser Prozess geht nicht „über Nacht“. Die Europäischen Verträge und das Grundgesetz müssen geändert, die Bürgerinnen und Bürger überzeugt werden. Die Institutionen und Organe der EU müssen neu aufgestellt werden, um demokratische Entscheidungen und Kontrollen zu gewährleisten. Nationale Parlamente müssen eingebunden werden.

Kurzum: Es bedarf einer überzeugten politischen Entscheidung, diesen Weg zu gehen, denn einfach wird er nicht. Und dieses klare Bekenntnis scheuen die Bundesregierung und Bundeskanzlerin Merkel. Im Deutschen Bundestag wird behauptet, es gäbe keine gemeinschaftliche Haftung, keine Eurobonds und Deutschland übernehme im Grunde keine Risiken, sondern sei Hüter der Stabilität. Die CSU und Teile der FDP, allen voran Herr Rösler, zündeln öffentlich beim Thema Griechenland, Frau Merkel unterstützt die Bundesbank, Herr Schäuble die EZB.

Welche Haftungsrisiken bestehen jenseits der politischen Risiken, die Schwarz-Gelb täglich produziert? Dazu lohnt ein Blick ins Gesetz und die Lektüre der wöchentlichen Finanz- und Bilanzdaten, die die EZB im Internet (unter Presseverlautbarungen) veröffentlicht. Zwei Sachverhalte sind dabei – ökonomisch wie juristisch – zu unterscheiden: Die Haftung Deutschlands für Risiken beginnt bereits dann, wenn Garantien übernommen werden. Das ist bei Eltern, die für den Kredit ihrer Kinder bürgen, nicht anders. Diese Haftung heißt aber nicht,  dass bereits ein Schaden, ein Verlust eingetreten ist, der den Haftungseintritt dann auslöst. Solange die Kinder den Kredit bedienen, besteht zwar eine Risikohaftung, aber kein Verlust. Zweitens ist beim Verlust zu unterscheiden zwischen dem „worst case“, dem schlimmsten Fall, in dem alles verloren ist, und einem Teilverlust.

Das ist keine „Milchmädchenrechnung“, wie Jens Berger und Albrecht Müller in journalistisch untragbarer Weise auf ihrer Seite „nachdenken.de“ behaupten. Es ist schlichte Buchführung. Und hat nichts mit Prof. Hans-Werner Sinn zu tun, dessen Thesen ich nicht teile. Herr Berger sollte mit Steinwürfen vorsichtig sein, denn das Glashäuschen, in dem er sitzt, ist dünn.

Ich habe in einem Interview mit der Berliner Zeitung am 14. August 2012 klargestellt, dass ich mehr Europa will. Dass wir in der EU den Steuerwettbewerb bekämpfen, eine Finanztransaktionssteuer einführen und die Kapitalverkehrsfreiheit einschränken sollten. Und dass die Regierung Merkel eben keinen klaren Kurs fährt, sondern im Gegenteil neue Abstimmungen im Bundestag nicht will. Dazu nimmt sie billigend in Kauf, dass die Risikohaftung Deutschlands steigt, letztlich über die EZB, die den Staaten dazu keine Bedingungen und Auflagen stellen kann.

In diesem Zusammenhang habe ich das Haftungsrisiko dargestellt und ordentlich bilanziert, wie die EZB das übrigens auch tut. Das Risiko, wohlgemerkt, und keine Verluste, wie Herr Berger in seinem schwer durchschaubaren Zahlenstrauß meint. Verluste treten nämlich erst dann auf, wenn z. B. Griechenland oder andere den Euro verlassen. Das ist die Ecke von Herrn Rösler und Herrn Dobrindt, ich möchte in dieser populistischen Pfütze nicht stehen.

Zur Bilanzierung des Risikos lohnt ein Blick ins Gesetz und die Veröffentlichungen des Bundesfinanzministeriums. Im Rahmen des ersten Rettungspakets für Griechenland, den bilateralen Krediten, wurden Garantien Deutschlands von 15,2 Mrd. Euro gebunden. Verlust bislang: Null. Im Rahmen der vorläufigen Rettungsschirme wurden – wieder nach Auskunft des Bundesfinanzministeriums – im Rahmen der Teilfazilität, die bei der EU-Kommission angesiedelt ist, der EFSM, deutsche Garantien in Höhe von 9,8 Mrd. Euro gebunden. Auch hier noch kein Verlust. Beide „Töpfe“ werden nicht länger für neue Maßnahmen genutzt, damit sind die Ist-Zahlen zu bilanzieren.

Anders bei EFSF und ESM. Sie werden für neue Maßnahmen genutzt, zu bilanzieren sind also die Soll-Zahlen. Im Stabilitätsmechanismusgesetz vom Juni 2010 übernahm Deutschland im Rahmen der EFSF Gewährleistungen von maximal 211,04 Mrd. Euro. Davon sind aktuell knapp 18 Mrd. Euro gebunden, weitere kommen aber hinzu. Das Haftungsrisiko – so Gesetz und EFSF-Vertrag – ist auf 211,04 Mrd. Euro begrenzt. Für den ESM übernahm Deutschland 168 Mrd. Euro an Garantien und knapp 22 Mrd. Euro an Bareinlage. Auch hier spricht der Vertrag davon, das Risiko Deutschlands werde auf diese knapp 190 Mrd. Euro begrenzt.

Macht also insgesamt 379,04 Mrd. Euro an maximalen Garantien und 22,4 Mrd. Euro in bar, wenn das Bundesverfassungsgericht den ESM-Vertrag am 12. September diesen Jahres passieren lässt.

Nun zur EZB. Macht die EZB Verlust, muss sie diesen nicht decken, sie ist schließlich keine Geschäftsbank. Sie kann den Verlust aber auf die nationalen Notenbanken umlegen. Somit haftet die Bundesbank für EZB-Risiken. Nicht geregelt ist, ob der Bundeshaushalt quasi automatisch für die Bundesbank einstehen muss. Es spricht aber einiges dafür.

Wo steht das aktuelle Risiko? Das ist mit Hilfe der EZB relativ leicht zu beziffern: Die Repo-Fazilität der Geschäftsbanken hat in etwa ein Gesamtvolumen von 1.400 Mrd. Euro, das Target II-Zahlungsausgleichssystem von etwa 750 Mrd. Euro und das Ankaufprogramm für Staatsanleihen von etwa 208 Mrd. Euro. Macht 2.358 Mrd. Euro in der Summe. Streng genommen kommt noch die Notfallliquidität hinzu, deren Höhe aber nicht bekannt ist. Deutschland ist am Zentralbanksystem und der EZB zu etwa 27 Prozent beteiligt, trägt damit knapp 636 Mrd. Euro an Risiken. Streitig ist, wie wahrscheinlich es ist, dass diese Risiken in einen Verlust umschlagen oder zu Inflation führen. Das ist das Thema von Herrn Prof. Sinn, und ich persönlich teile seine Auffassungen nicht. Denn ein Schadenseintritt würde voraussetzen, dass das Euro-System insgesamt kollabiert – und das will ich nicht.

Wenn ich nun diese Garantien addiere, komme ich auf eine Summe von 1.015 Mrd. Euro – zuzüglich den 22,4 Mrd. Euro an ESM-Bareinlage. Das ist eine knappe Billion Haftungsrisiko, aber dann kein Schaden, wenn wir das den Menschen klar sagen, verbunden mit jedenfalls meiner Überzeugung, dass wir den Weg zu mehr Europa gehen müssen. Aber transparent und ehrlich. Ich habe nie behauptet, Deutschland habe Geld verloren, im Gegenteil. Wir profitieren von der Krise – noch. Aber ich verlange, dass in einem so sensiblen Thema auch Herren wie Berger und Müller sauber arbeiten und sich mit dem Unterschied zwischen Haftungsrisiko und Schadenseintritt auseinandersetzen, bevor sie in der nationalistischen Ecke zündeln. Damit ist keinem gedient. Die Krise ist nämlich noch nicht vorbei.

Über meine politische Arbeit in Berlin und Thüringen sowie die Zukunft des „Aufbau Ost“ sprach ich mit dem TA-Hauptstadtkorrespondenten Wolfgang Suckert.

Hier können Sie das Gespräch nachlesen.

Zur Diskussion über die gemeinschaftliche Haftung in Europa und anderen Themen habe ich heute Morgen im Deutschlandfunk ein Interview gegeben.

Hier kann man es Nachlesen:

Deutschlandfunk
07.08.2012 | 7:20 min
„Europa muss solidarisch füreinander einstehen“

Zur Euro-Krise habe ich Deutschlandradio Kultur heute ein Interview gegeben.

Hier kann man es Nachlesen:

Deutschlandradio Kultur
28.07.2012 | 24:40 min
„Wir stehen am Rande der Berklippe“

Gestern zeigte die Deutsche Welle ein schönes Fernsehstück über die SPD Erfurt und meine Arbeit in Berlin.

Wer den Beitrag verpasst hat, kann ihn hier ansehen:

Deutsche Welle Media Center

19.07.2012 | 05:30 Min.
Ende der Europasolidarität? – die SPD in der Klemm

Zur heute anstehenden Entscheidung des Bundestages über Hilfen für spanische Banken habe ich SWR2 ein Interview gegeben.

Eine Zusammenfassung und das komplette Gespräch finden Sie hier.

In der vergangenen Wochenendausgabe der Zeitung „neues deutschland“ habe ich mit einem Beitrag auf den Vorschlag der LINKEN-Vorsitzenden Katja Kipping geantwortet, Einkünfte von über 40.000 Euro im Monat zu 100 Prozent zu besteuern.

Mein Beitrag ist hier zu finden.

Zur geplanten Rettung spanischer Banken habe ich SPIEGEL online heute ein Interview gegeben. Dorthin gelangt man hier.