Unter diesem Motto lud die SPD-Fraktion des Erfurter Stadtrates am Montag 17. Oktober 2011 in den Festsaal des Rathauses zum Jubiläum: Vor 100 Jahren zogen zum ersten Mal zwei Sozialdemokraten in das Stadtparlament ein. Ihnen war die Eingemeindung von Ilversgehofen zugute gekommen – ein Industriegebiet, in dem hauptsächlich Arbeiterfamilien lebten.
„Der Anfang einer Vertretung der Arbeiterschaft auf dem Rathause ist gemacht…“. Mit einem Zitat aus der damaligen Parteizeitung „Tribüne“ begann der Berliner Historiker Jürgen Schmidt seinen Festvortrag zur Geschichte der Erfurter Sozialdemokratie, die von Höhen und Tiefen durchwachsen war – aber heute aus der hiesigen Kommunalpolitik nicht mehr wegzudenken ist.
Mit der Aufhebung der Bismarck’schen Sozialistengesetze und dem Erfurter Parteitag 1891 begann für die Sozialdemokratie der große Aufstieg. Vor allem nach 1900 stiegen auch im bürgerlich geprägten Erfurt die Mitgliederzahlen und Wählerstimmen stark an, eine Entwicklung, die 1912 in der Erlangung eines Reichstagsmandats mündete. Die Arbeiterbewegung brachte mit ihrem kulturellen, sportlichen und politischen Angebot der einfachen Bevölkerung neue Partizipationsmöglichkeiten. Bis dato hatte die Arbeiterschaft an massiver Benachteiligung und gar Ausgrenzung aus dem gesellschaftlichen Leben gelitten. Aber auch mit dem Aufschwung der Arbeiterbewegung waren nicht alle Schwierigkeiten beseitigt: Vielen Zuwanderern, die dem Arbeitermilieu angehörten, war das Wahlrecht mangels preußischer Staatsbürgerschaft verwehrt. Und selbst die Mobilisierung der Wahlberechtigten war schwierig: Da werktags gewählt wurde, mussten viele Arbeiter ihre Mittagspause opfern und kamen aufgrund von langen Warteschlagen nicht mal dann zum Zuge… Das Dreiklassenwahlrecht, das den reicheren Schichten mehr Stimmgewicht einräumte, und der Zwang zur öffentlichen Stimmabgabe taten ihr Übriges, um den Einfluss der Arbeiterschaft möglichst gering zu halten. Die Dominanz des Bürgertums sollte noch lange nachwirken.
Die derzeitige Mehrheit der Sozialdemokraten im Erfurter Stadtrat ist deswegen umso erfreulicher. Noch 2004 – als auch ich in den Stadtrat einzog – sah es für die SPD nicht gut aus. Doch schon zwei Jahre später wurde mit Andreas Bausewein ein Sozialdemokrat Oberbürgermeister unserer Stadt. Er selbst erinnerte in einem Grußwort an den mühsamen (Wieder-)Aufbau der Partei nach der Wende und an die vielen Errungenschaften, die wir seitdem gemeinsam erzielten: Die drastische Senkung der Arbeitslosenquote von etwa 20 Prozent auf 9,5 Prozent, die Reduzierung der Verschuldung innerhalb der letzten paar Jahre oder auch der Neubau des Nordbades sind nur einige Stichworte…
Nach einem Abschlusswort des Fraktionsvorsitzenden Frank Warnecke begaben sich die Gäste bei Speis und Trank in den gemütlichen Teil des Festabends.