Am 5. Oktober ist der ehemalige Leipziger Oberbürgermeister und Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee meiner Einladung gefolgt und kam nach Thüringen. Der Erste Stopp war in Weimar, im Mehrgenerationenhaus in Schöndorf. Hier warteten schon ein Dutzend Bürgerinnen und Bürger, um mit uns ins Gespräch zu kommen.

Vor allem die Unterschiede in Ost und West, die Abwanderung junger Fachkräfte und die Lohnpolitik brennt den Menschen unter den Nägeln. Hier müssen wir handeln. Bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind wir weit vorn im Ranking. Die demografische Entwicklung prognostiziert Weimar einen Bevölkerungszuwachs. Dies verlangt weiterhin einen bedarfsgerechten Ausbau von Kita-Plätzen. Genau diesen Weg geht die Stadt heute schon.

Vor der Abfahrt nach Erfurt besuchten wir noch die zahlreichen Stände rund um das Mehrgenerationenhaus, wo gerade mit den Anwohnern ein buntes Herbstfest eröffnet wurde…

In meiner heutigen Rede zur Abstimmung über den erweiterten europäischen Stabilisierungsmechanismus habe ich meine Kritik an der Politik der Bundesregierung in der Staatsschuldenkrise noch einmal deutlich gemacht.

 

In einem heutigen Artikel auf SPIEGEL ONLINE habe ich mich zur Frage „Sollen wir Griechenland pleitegehen lassen?“ geäußert.

 

Seit der letzten Mission von Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank und EU-Kommission im Juni steht fest, dass Griechenland überschuldet ist. Der IWF hat damals die für die Auszahlung weiterer Hilfen notwendige Schuldentragfähigkeit des Landes nur bescheinigt, weil die Euro-Zone ein zweites Griechenland-Paket grundsätzlich zugesagt hatte.

Weil sich die volkswirtschaftlichen Rahmendaten in Griechenland verschlechtert haben, wird das Volumen für dieses Paket nun nicht mehr ausreichen. Dieser Erkenntnis verweigert sich die Bundesregierung jedoch, weil es in der Folge offenbaren würde, dass das Volumen des Euro-Rettungsfonds EFSF auch angesichts seiner neuen Aufgaben und Möglichkeiten nicht ausreicht.

 

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„Gute Arbeit“ war das Thema einer Abendveranstaltung am 12.09.2011 im Erfurter „ver.di-Haus“ in der Schillerstraße. Gemeinsam mit dem Thüringer Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie Matthias Machnig, dem Thüringer ver.di-Chef Thomas Voß und Gewerkschaftssekretär Thomas Schneider wurde über arbeitsrechtliche Probleme und Herausforderungen insbesondere mit Blick auf den Thüringer Einzelhandel diskutiert.

Prekäre Arbeitsverhältnisse haben in Thüringen zugenommen: 34 Prozent aller erwerbstätigen Thüringer verdienen unter dem von uns geforderten Mindestlohn. Allein 49 Prozent der Thüringer Frauen bekommen weniger als 8.50 € Stundenlohn . Generell muss in Thüringen eine andere Lohnpolitik einziehen. „Was Thüringen braucht ist ein Programm für Recht und Ordnung auf dem Arbeitsmarkt“, so Matthias Machnig. Ebenso forderte er zutreffend eine Diskussion über den Wert von Arbeit und eine Qualifizierungsoffensive  für die nächsten Jahre im Freistaat ein.

Anwesend waren neben Vertretern der Einzelgewerkschaften auch Betroffene aus dem Lebensmitteleinzelhandel, die sich mit gewerkschaftlicher Unterstützung erfolgreich gegen Mehrarbeit ohne Bezahlung, zu geringe Stundenentgelte für geringfügig Beschäftigte, Verweigerung der gesetzlichen Ansprüche gegenüber geringfügig Beschäftigen und gegen Mobbing und menschenverachtendes Verhalten durch Vorgesetze in den Märkten gewehrt haben. Diese Menschen, die Mut bewiesen haben, müssen  nach wie vor mit Repressalien rechnen. Um so mehr haben sie unseren Respekt und unsere Unterstützung verdient.

Gewerkschaften und vor allem auch die engagierten Arbeitnehmer in den Betrieben vor Ort haben gerade im Osten ehrliche und nachhaltige politische Unterstützung verdient. Den dazu notwendigen Dialog will ich deshalb noch weiter intensivieren. Denn das wichtigste Ziel sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik fordert eine gemeinsame Kraftanstrengung aller Akteure: Gute Arbeit für gute Löhne auf einem fairen Arbeitsmarkt.

Heute habe ich in Berlin gemeinsam mit Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Joachim Poß ein finanzpolitisches Konzept mit dem Titel „Nationaler Pakt für Bildung und Entschuldung. Wir denken an morgen!“ vorgestellt. Es setzt die Schwerpunkt bei Schuldenabbau, Bildungsinvestitionen, Stärkung der sozialen und kulturellen Handlungsfähigkeit der Städte und Gemeinden sowie Investitionen in Forschung und Entwicklung. Entlang dieser Prioritäten wird die SPD ihre Finanzpolitik künftig ausrichten.

Am 25. August 2011 folgte ich einer Einladung von Rolf Schacht zur Ortsteilbegehung im Erfurter Wohngebiet Roter Berg. Schacht ist als Ortsteilbürgermeister mitverantwortlich für die erfolgreiche Entwicklung, die „Erfurts grüner Norden“ in den letzten Jahren genommen hat: Im nach der Wende vorschnell totgesagten „Plattenbaugebiet“ leben heute immer noch 5.532 Einwohner. Tendenz steigend!

Auch mein Vortrag zum Thema: „Die finanzpolitische Entwicklung in Europa und ihre Auswirkungen auf die Kommunen“ lockte anschließend zahlreiche Zuhörer in das „Bürgerhaus“ in der Regelschule 25. Fragen zur Sicherheit privater Spareinlagen, zur Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt oder zur Steuerpolitik waren Bestandteil einer anregenden und vielseitigen Diskussion, aber für mich auch der Beweis für eine engagierte und couragierte Bürgerschaft. Und solche ist der beste Garant dafür, dass der „Berg“ auch in den nächsten Jahren auf Wachstumskurs bleibt.

Am 24. August 2011 hat die Thüringer SPD in der Gedenkstätte Buchenwald an den früheren Vorsitzenden der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion und preußischen Innenminister Rudolf Breitscheid erinnert. Auch ich nahm an der Veranstaltung teil und sprach einige Worte des Gedenkens. Außerdem sprachen der ehemalige Häftling Ottomar Rothmann, die stellvertretende Landesvorsitzende der SPD Thüringen und Thüringer Sozialministerin Heike Taubert sowie Weimars Oberbürgermeister Stefan Wolf Gedenkworte.

Breitscheid war ein Kämpfer für den Frieden und arbeitete für die friedliche Verständigung der Völker in Europa. Auch und gerade dieses Engagement brachte ihm den Hass der Nationalsozialisten ein, der mit seinem Tod endete. Die Europäische Union ist auch ein Erbe der Arbeit Breitscheids. Gerade wir Sozialdemokraten stehen im Gedenken an Rudolf Breitscheid in der Pflicht, die europäische Einigung voranzutreiben und auch die gegenwärtige Krise zu lösen.

Rudolf Breitscheid steht auch für die ungezählten Menschenleben, die nationalistischem und rassistischen Wahn zum Opfer fielen. Wenn wir an ihn und sein Leben erinnern, gedenken wir auch all jenen. Sie alle mahnen uns, auch weiterhin entschieden gegen braune Ideologien einzutreten und den Weg zu einem vereinten und friedlichen Europa fortzuführen.

Mit der Schuldenkrise und ihren Auswirkungen in den USA hat die Staatsfinanzierungskrise eine neue, nun weltweite Dimension erreicht, die weit über Europa und die Euro-Staaten hinausgeht. Das Problem zu expansiver staatlichen Verschuldung und der damit einher gehenden Abhängigkeit von Staaten von den Finanzmärkten erfasst jetzt auch die größte Volkswirtschaft der Welt. Handelt die Politik nicht, droht neue Gefahr für Europa.

Zahlreiche amerikanische und internationale Ökonomen warnen, die USA könne in eine zweite Rezession abrutschen. Die Erfahrungen der Finanzmarktkrise, aber auch die Krisen des vergangenen Jahrhunderts lehren, dass dies negative Auswirkungen auf die weltweite Konjunktur und damit auch auf Europa und Deutschland haben wird. Deutschland wäre dabei durch seine starken Exporte besonders betroffen.

In einer Rezession sinken Steuereinnahmen und erhöhen sich Arbeitsmarkt- und Sozialausgaben – beides muss ein Staat durch zusätzliche Schulden abfedern, um seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Es besteht also die Gefahr, dass sich die Abwärtsspirale der Staatsfinanzierungskrisen noch verstärken würde. Auf diesen Fall wäre weder der vorläufige europäische Rettungsschirm (EFSF) noch der dauerhafte Stabilitätsmechanismus (ESM) vorbereitet. Der Grund dafür ist übrigens auch und besonders die deutsche Bundesregierung. Diese neue Dimension zeigt, dass die „Politik der kleinen Schritte“ von Bundeskanzlerin Merkel falsch war und jetzt an ihrem Ende angelangt ist. Die SPD hat der Bundeskanzlerin am 18. Juli 2011 die Hand gereicht, um nach dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs am 24. Juni 2011 endlich den befreienden, großen Wurf zu wagen und zu beschließen, der die Probleme nachhaltig löst.

Die Bundeskanzlerin hat das bis heute verweigert. Am 23. Juli hat der Europäische Rat auf einem Sondertreffen neue Beschlüsse gefasst die zwar nicht falsch, aber teilweise unkonkret und stark ausfüllungsbedürftig sind. Bis heute ist unklar, wann sich EU-Kommission, EZB und Euro-Mitgliedstaaten auf hinreichend verbindliche Details einigen und die Verträge der Rettungsschirme ändern. So jedenfalls schafft man kein Vertrauen, und es kann von den Märkten auch nicht erwartet werden.

Ungelöst bleibt allen voran die Frage nach einem zusätzlichen europäischen Wachstums- und Konjunkturprogramm, das wir dringender denn je benötigen. Wir haben dazu ein Konzept vorgelegt, in dem ein solches Programm über die Finanztransaktionssteuer finanziert wird. Ebenso ungelöst ist die Gläubigerbeteiligung. Risiko und Haftung laufen immer noch auseinander, ein klares, verständliches Signal zur Beteiligung der Finanzbranche fehlt bis heute. Seit 2009 bleibt die Bundesregierung auch im europäischen und internationalen Kontext eine neue, vernünftige Regulierung der Finanzmärkte und ihrer Akteure schuldig, so dass das Katz-und-Maus-Spiel der Märkte mit der Politik munter fortgesetzt werden kann.

Jetzt ist es „Fünf vor Zwölf“: Es braucht den großen Wurf, wie ihn die SPD am 10. Juni und am 18. Juli 2011 konkretisiert hat. Wir müssen gemeinsam mit den europäischen Partnern die Ursachen der Staatsfinanzierungskrise endlich nachhaltig beseitigen. Dazu braucht es eine politische Antwort. Wir brauchen Programme für Wachstum und Konsolidierung der Staatsfinanzen, klare und transparente Beteiligung von Gläubigern, eine die Krise beendende Regulierung von Zockern und grauen Märkten, ein Verbot von Schattenbanken und die Finanztransaktionssteuer. Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück haben dies klar dargelegt. In keinem Fall darf die Europäische Zentralbank erneut in eine „Ausputzerrolle“ geraten, in dem sie durch die Handlungsunfähigkeit der Politik gezwungen wird, ihr Ankaufprogramm für Staatsanleihen fortzusetzen. Die EZB ist bereits heute die größte „bad bank“ Europas, sie darf diesen Kurs nicht fortsetzen.

Im Falle einer Rezension in den USA werden auch wir staatliche Investitionsprogramme als Schutz für die Menschen brauchen. Falls sich die Staaten dann weiterhin in die Abhängigkeit der Märkte begeben, wird dies das Ende des Primats der Politik einläuten. Ich fordere die Bundeskanzlerin nachdrücklich auf, im Interesse der Menschen, Deutschlands, aber auch Europas es nicht so weit kommen zu lassen.