Am heutigen Donnerstag hat die Gedenkstätte „Topf & Söhne“ ihre Tore geöffnet, um jeden Bürger an der Geschichte dieser Erfurter Firma teilhaben zu lassen. Für mich war das ein ganz besonderer Moment. Viele Jahre hatte ich mich dafür eingesetzt, dass dem Projekt genügend Fördergelder zur Verfügung stehen, um diesen schrecklichen Teil der Erfurter Geschichte aufzuarbeiten. So finanzierte der Kulturstaatsbeauftragte des Bundes ab Anfang 2002 für zwei Jahre das Forschungsprojekt „Topf & Söhne“ an der Gedenkstätte Buchenwald. Dies war der Beginn der systematischen Aufarbeitung. Außerdem stellte der Bund für den Aufbau des Erinnerungsortes bis 2011 rund 500.000 Euro zur Verfügung. Das Land Thüringen beteiligte sich mit der gleichen Summe.

Eine wichtige Voraussetzung für die Bewilligung von Fördermitteln war die Neufassung der Gedenkstättenkonzeption des Bundes im Jahr 2008. An ihr habe ich intensiv mitgearbeitet konnte erreichen, dass der Bund neben Gedenkstätten auch „Erinnerungsorte“ fördert. Damit sind authentische Orte gemeint, die die Funktionsweise des jeweiligen Systems verdeutlichen – eben wie der Geschichtsort „Topf & Söhne“.

Die Firma „Topf & Söhne“ verdiente ihr Geld mit der Massenvernichtung von Menschen. Sie entwickelte einen „kontinuierlich arbeitenden Leichen-Verbrennungsofen für Massenbetrieb“ (so der Patentantrag) und installierte Lüftungsanlagen für die Gaskammern der Konzentrationslager. Rund 3.000 Leichen am Tag wurden in den Krematorien allein in Auschwitz verbrannt. Als „Marktführer“ auf diesem Gebiet schufen „Topf & Söhne“ die technischen Voraussetzungen für den Holocaust, der ohne Zutun von Industrie und Wirtschaft so nicht möglich gewesen wäre.

Selbst nach dem 8. Mai 1945 zeigten die Firmeninhaber weder Reue noch Einsicht. Sie hatten weder aus ökonomischer Notwendigkeit noch aufgrund politischen Drucks gehandelt: Die Öfen brachten nur 3 Prozent des Umsatzes ein. Und jederzeit hätte eine andere Firma den Auftrag der SS übernehmen können; Interessenten gab es genug.

Bereits als Jugendlicher hatte ich eine Verbindung zu dem ehemaligen Krematorienbauer von Auschwitz. In den 80er Jahren hatte ich im Rahmen des Unterrichtsfachs „Produktive Arbeit“ den Nachfolgebetrieb VEB Erfurter Mälzerei- und Speicherbau kennengelernt, jedoch ohne etwas von der Geschichte des Unternehmens zu wissen. Erst bei einem Besuch in Auschwitz entdeckte ich zufällig die dort ausgestellten Öfen von Topf & Söhne. Es entsetzt mich bis heute, wie lange die Vergangenheit verleugnet und ignoriert wurde. Die Gedenkstätte ist ein wichtiger Schritt, mit dem sich Erfurt zu seiner Geschichte bekennt. Als Mitglied des Förderkreises ist es mir wichtig, dass aus der Vergangenheit gelernt wird. Der Förderkreis hat erreicht, dass das ehemalige Verwaltungsgebäude für pädagogische und dokumentarische Zwecke genutzt wird.

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