Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier ist viel von „Vertrauen“ die Rede gewesen. Es ist richtig: Es geht nicht nur um das Vertrauen des Parlaments in die Regierung und ihre Aussagen, sondern auch um Vertrauen darauf, dass die Handlungen der Regierung in Europa zu einem Ziel führen, durchdacht sind und gemeinschaftlich angegangen werden. Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, dieses Vertrauen kann man nach der am gestrigen Nachmittag erfolgten Absage der Regierungserklärung nicht mehr haben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Kollege Barthle und Kollege Kalb, Sie erwarten von uns, der Opposition, dass wir der Bundesregierung, die den Namen nicht wirklich verdient, den Rücken stärken, obwohl Sie selbst ihr permanent in den Rücken fallen. Das ist nicht wirklich Aufgabe der Opposition.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben gesagt: Wir stehen hier für ein wehrhaftes Europa. Wir haben dem Euro-Rettungsfonds trotz dieser Regierung zugestimmt, aber gesagt: Es muss klar sein, worüber wir abstimmen. Ich habe, wie der Kollege Schick, im Haushaltsausschuss und hier im Plenum an Herrn Schäuble die Fragen gerichtet: Gibt es eine Hebelung oder nicht? Denken Sie darüber nach, die Mittel zu hebeln? – Eine Hebelung bedeutet nicht, die Mittel nur zu effektivieren; das ist ein Euphemismus. Letztendlich bedeutet eine Hebelung, dass man, wie es der Kollege Claus gesagt hat, wieder ins Kasino geht. Denn eine CDO ist nichts anderes als eines dieser Produkte, die wie Massenvernichtungswaffen wirken. Da haben Sie, Herr Brüderle, gesagt: Auf gar keinen Fall! – Sie haben es geleugnet. Der Bundestag, die Öffentlichkeit und die Kollegen hatten den Eindruck, das alles gebe es gar nicht. Währenddessen ist auf der IWF-Jahrestagung insgeheim darüber verhandelt worden. Das ist der eigentliche Skandal, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Frage ist doch: Reicht das Volumen von insgesamt 440 Milliarden Euro aus, um überzeugende Signale an die Finanzmärkte zu geben? Die klare Antwort lautet: So, wie es ist, nein. – Das haben wir schon von Anfang an gesagt. Sie haben doch nur, damit Sie noch halbwegs eine Mehrheit in dieser Stümperkoalition zusammenbekommen, nichts mehr gesagt.

(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie haben das durch den Bundestag gepeitscht, ohne darauf einzugehen, dass Sie schon über eine Hebelung, über eine Risikoausweitung der deutschen Haftung verhandelt haben. Es darf nicht sein, dass diese Diskussion nur im Haushaltsausschuss unter ferner liefen, fernab der Öffentlichkeit, geführt wird, sondern es muss so sein, dass die entsprechenden Entscheidungen hier im Bundestag getroffen werden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist vollkommen klar, dass, wenn Sie ein Volumen in fünffacher Höhe der Fondsmittel generieren wollen, damit auch ein höheres Risiko einhergeht. Das wird Ihnen auch jeder Ökonom sagen. Ich würde gerne das eine oder andere Instrument bewerten, aber uns liegt dazu bis heute noch nichts vor. Das ist der wahre Skandal. Bis heute hat Herr Schäuble nichts weiter dazu gesagt, als dass es Verhandlungen gibt. Das ist nicht akzeptabel. Das ist nicht überzeugend und führt zu weiterer Verunsicherung.

Für uns stellt sich jetzt die Frage: Stimmen wir den Richtlinien in der Fassung, wie sie uns seit gestern Mittag auf Deutsch vorliegen, heute in einer noch schnell einberufenen Sitzung zu? Die neuen Richtlinien liegen mir bislang nicht vor. Angeblich sollen sie noch kommen. Bei dem, was wir gestern bekommen haben, handelte es sich nur um einen Entwurf des Entwurfs.

(Zuruf von der SPD: Genau!)

Nun zu den Repogeschäften. Man wird gegenüber dieser Regierung bösgläubig. Man wird auch, wenn man all das sieht, gegenüber der EZB bösgläubig.

(Dr. Michael Meister (CDU/CSU): Wir werden nur bei Carsten Schneider bösgläubig!)

Warum kann die EZB Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt kaufen? Weil es in den Verträgen nicht ausdrücklich verboten wurde. Deswegen schauen wir uns ganz genau an, was in diesen Richtlinien steht. Jetzt kann das Finanzministerium hundertmal sagen, man wolle nur für Liquiditätsgeschäfte zusätzliche Ausleihungen ermöglichen. Rechtlich verboten ist es allerdings nicht, auch in anderen Fällen zu hebeln. Das ist der entscheidende Punkt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So wie Sie hier die ganze Zeit das Parlament, die Öffentlichkeit und die eigene Koalition an der Nase herumführen, tun Sie es auch in diesem Punkt. Deswegen sagen wir: Nur wenn das klargestellt ist, nur wenn der Bundestag darüber entscheidet und abstimmt, nur dann ist es möglich, die Tragweite wirklich zu begreifen und auch die Öffentlichkeit angesichts all dieser Milliardensummen halbwegs aufzuklären und mitzunehmen. Das ist ja sowieso schon schwer genug. Dieses Signal muss also vom Bundestag ausgehen. Deswegen stimmen wir dem Antrag der Grünen zu.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Externer Link

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.