Zu den heutigen Entscheidungen der Europäischen Zentralbank erklärt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Carsten Schneider:

„Die Entscheidungen der EZB heute bergen sehr große Risiken über die kommenden zwei Jahre hinaus. Zugleich bestehen erhebliche Zweifel, ob diese Maßnahmen mit Blick auf ihr Ziel erfolgreich sein werden.

Wenn die EZB besicherte Wertpapiere und Schuldverschreibungen ankauft, trägt sie damit nicht nur das Risiko aus den Papieren selbst, sondern auch, dass die Sicherheiten werthaltig sind. Die Finanzmarktkrise hat gezeigt, dass vermeintliche Top-Sicherheiten über Nacht zu Ramsch werden können. Zurzeit stehen auch angesichts der enormen Geldmenge und Liquidität, die die EZB bereits dem Markt zur Verfügung gestellt hat, die Kurse von ABS-Wertpapieren hoch. Die EZB steigt also zu teuren Preisen ein. Die nationalen Notenbanken werden Rückstellungen bilden, wie die Bundesbank das auch in den vergangenen Jahren getan hat. Das wird den Bundesbankgewinn mindestens in den Jahren 2015/2016 weiter schmälern. Mithin stehen dem Bundeshaushalt weniger Einnahmen zur Verfügung, die für Investitionen verwendet werden könnten. Die Risiken der EZB landen also in den nationalen Haushalten und schränken den Entscheidungsspielraum der Parlamente ein, die aufgrund der Unabhängigkeit den Kurs der EZB aber nicht mitbestimmen oder kontrollieren können.

Ob die EZB ihr Ziel erreichen kann, das Wirtschaftswachstum und die Investitionen vor allem in den südlichen Euro-Staaten zu befördern, muss bezweifelt werden. Eine Verbesserung der Bankbilanzen durch die enorm günstige Refinanzierung, einerseits durch den historisch niedrigen Refinanzierungszinssatz als auch durch die langfristigen Refinanzierungsmöglichkeiten, hat bislang weder zu mehr Kreditvergabe noch zu mehr Konsum geführt. Die Menschen sind nicht bereit, auf Pump zu konsumieren. Weshalb sollte dann eine weitere Verbesserung der Bankbilanzen dadurch, dass man ihnen Risiken abnimmt, dazu führen, dass mehr Kredite vergeben werden? Eine Vergrößerung von Unternehmensgewinnen oder der Liquidität von Banken hat alleine noch nie zu mehr Investitionen geführt.

Es ist die Aufgabe gewählter Parlamente und Regierungen, Maßnahmen zu beschließen, um Wachstum und Investitionen anzukurbeln. Zentralbanken spielen dabei – wie die Fed in den USA und andere – eine unterstützende Rolle, sofern ihr Mandat das vorsieht. Die EZB allerdings leitet diskretionäre Maßnahmen ein, die erneut die Diskussion um die Reichweite ihres Mandats aufwerfen können. Und das in einer Zeit, in der die EZB die gemeinsame Bankenaufsicht in Europa übernimmt und Vertrauen in die Tragfähigkeit der Banken schaffen muss. Es ist Sache der Kreditinstitute, für genügend Eigenkapital zu sorgen.

Daher brauchen wir eine stärkere europäische Wirtschaftspolitik und weitere Schritte in Richtung einer Fiskalunion. Nicht Geldpolitik ist gefragt, sondern politische Entscheidungen.“