Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Das ist eine für Deutschland teure Lernkurve, die CDU/CSU und FDP hier gemacht haben. Warum?
(Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Ja, warum?)
Dieses Gesetz bringt die zweite Verlängerung und ist damit das Dritte Finanzmarktstabilisierungsgesetz. Wir reden hier über mehr Geld als der Bundeshaushalt umfasst, den wir eben verabschiedet haben. Es geht darum, bis zum Ende, in zwei Jahren, dem Soffin die Möglichkeit zu geben, Bürgschaften in Höhe von 400 Milliarden Euro oder Rekapitalisierungshilfe für die Banken in Höhe von 80 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen.
Im Jahr 2008, beim ersten Gesetz dazu, haben wir als Sozialdemokraten gesagt: Es ist entscheidend, dass der Sektor ? der Bankensektor, der Finanzsektor ?, der von der Stabilisierung profitiert, auch für die Kosten aufkommt, Stichwort: Bankenabgabe. Damals haben Sie das verhindert.
(Dr. Volker Wissing (FDP): Eingeführt!)
Die Kosten unter dem Strich betragen Pi mal Daumen ? wir wissen es noch nicht genau; das werden wir in 20 Jahren wissen ? zwischen 20 Milliarden und 30 Milliarden Euro. Ich glaube, das ist eine reale Schätzung. Ich kann Ihnen noch genau die Beteiligten nennen, die damals dagegen waren. Jetzt ändern Sie Ihre Meinung und führen die Bankenabgabe ein. Das ist in Ordnung. Es ist eine teure Lernkurve, aber immerhin.
Herr Kollege Aumer hat gerade gesagt: Der Steuerzahler soll nie wieder für die Verluste der Banken haften. – Tritt das mit der von Ihnen konzipierten Bankenabgabe aber ein? Ich weiß nicht, welche Vorstellungen Sie von Banken haben. Meinen Sie Sparkassen oder Volks- und Raiffeisenbanken? Die Deutsche Bank jedenfalls werden wir mit dem avisierten Geld nicht abwickeln können. Das ist doch vollkommen klar.
Wie hoch ist das Volumen der Bankenabgabe? Das hängt natürlich von der Konjunktur und auch der Gewinnsituation der Banken ab. Bis heute haben wir in zwei Jahren 1,1 Milliarden Euro oder 1,2 Milliarden Euro eingenommen.
(Bartholomäus Kalb (CDU/CSU): 1,3!)
? 1,3 Milliarden Euro, vielen Dank. ? Das ist nicht so viel. Ich möchte Ihnen die Situation einmal veranschaulichen. Wenn eine mittelgroße Bank so große Verluste macht, dass sie pleite geht, dann müssten wir bei einem Volumen von 20 Milliarden Euro bei diesem Tempo 40 Jahre ansparen, um diese Bank abzusichern. Es ist eine Schimäre.
(Beifall bei der SPD)
Um Ihnen den Weg zu ebnen, haben wir einen Änderungsantrag eingebracht. Wir wollen, dass deutlich mehr Einnahmen erzielt werden. Wir als SPD-Fraktion schlagen eine Verdoppelung der Bankenabgabe vor.
(Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Haben Sie das eigentlich mal durchgerechnet? – Zuruf des Abg. Dr. Volker Wissing (FDP))
? Das reicht natürlich nicht für die Deutsche Bank, Herr Wissing. Das ist doch klar. Dafür müssten Sie bei der Regulierung viel stärker ansetzen. Die Deutsche Bank ist von ihrem Bilanzvolumen her größer als die deutsche Volkswirtschaft. „Eigentlich sollte das anders sein“, hat die Kanzlerin einmal gesagt. Was haben Sie regulatorisch eigentlich dagegen getan, dass die Deutsche Bank noch größer geworden ist, als sie es vor der Finanzkrise war? Dass wir als Steuerzahler, als Staat das Risiko tragen, sie bei einer Pleite letztendlich auffangen zu müssen, dass ihr die Staatshaftung garantiert wird und sie deswegen immense Zinsvorteile von fast 2,5 Milliarden Euro hat, für die wir keinen Cent Entgelt bekommen, dagegen haben Sie nichts getan. Daran sieht man, auf welcher Seite die Bankenlobby sitzt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Viel wichtiger als dieses Gesetz ist aber die Verhandlungslinie auf europäischer Ebene. Mein Kollege hat das eben angesprochen, was Bankenaufsicht und Restrukturierung anbetrifft. Ich meine ? da haben wir einen Konsens ?, das muss man in Ruhe entscheiden. Dass auf dieser Sache so ein Druck lastet, hängt ja damit zusammen, dass die Bundeskanzlerin im Juni dieses Jahres zugesagt hat, ausländische Banken über den Europäischen Stabilitätsmechanismus, also auch über deutsche Steuergelder, direkt zu rekapitalisieren. Natürlich wollen alle den direkten Zugriff; dem ist jetzt nur die Bankenaufsicht vorgeschaltet.
Ich halte es eigentlich für einen Fehler ? daher bin ich skeptisch ?, die Europäische Zentralbank mit einem weiteren Thema, für das sie eigentlich nicht zuständig ist, zu überfrachten.
(Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Ist das die Meinung der SPD?)
? Warten Sie! ? Außerdem will gut Ding Weile haben. Wenn Sie eine Aufsicht auf europäischer Ebene schaffen, braucht es zwingend ein Abwicklungsregime.
(Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Wo ist da der Widerspruch bei uns?)
Es macht keinen Sinn, eine Aufsicht zu haben, aber im Endeffekt nicht eingreifen und eine Bank nicht abwickeln zu können. Das Europäische Parlament hat dazu Vorschläge gemacht, die Sie nicht aufgegriffen haben. Ich wüsste gern einmal: Was ist eigentlich die Strategie der Bundesregierung, außer den Beschluss von Juni wieder zu kassieren? Ich kann keine Strategie erkennen. Mit einer reinen Verhinderungspolitik auf europäischer Ebene werden wir jedenfalls keine Ordnung und kein europäisches Abwicklungsregime bekommen.
(Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Wer verhindert denn was?)
Vielmehr bekommen wir durch Ihre Zustimmung „Euro-Bonds light“, indem Banken direkt über den ESM rekapitalisiert werden. Deswegen lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
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