Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Diese Woche hat eine Debatte im Plenum des Bundestages über die Kreditvergabesituation in Deutschland und einen Gipfel im Kanzleramt zur Kreditklemme hervorgebracht. Wir haben zu Beginn der neuen Legislaturperiode Gelegenheit, die Maßnahmen, die wir vor einem Jahr zur Stabilisierung des Finanzmarktes mit großer Mehrheit im Bundestag beschlossen haben, zu überprüfen.
Die Maßnahmen haben insoweit gewirkt, als sie zu einer Beruhigung der extrem aufgeladenen und für die Weltwirtschaft noch viel kritischeren Situation beigetragen haben. Sie haben dahin gehend gewirkt, dass keine Bank zusammengebrochen ist und dass die Sparerinnen und Sparer die Banken nicht gestürmt haben, um ihr Geld abzuheben.
An einem Punkt haben sie aber nicht gewirkt. An dieser Stelle müssen wir unsere Position zu den bisherigen Maßnahmen, die es, wie gesagt, seit einem Jahr gibt, überdenken. Es geht um die Eigenkapitalausstattung der Banken und um das Prinzip der Freiwilligkeit bei der Annahme der Leistungen im Rahmen des Bankenrettungspakets. Wir wollen es nicht so machen wie die Linke in ihrem Antrag. Dieser Antrag wird der Thematik nicht gerecht und greift in der Analyse zu kurz. Es wird darin quasi eine Zwangsverstaatlichung gefordert. Ein Staatsbankensektor ist aber für eine soziale Marktwirtschaft unangemessen. Wir wollen vielmehr, dass die vielen öffentlichen Mittel, die wir in Form von Garantien als Schutzschirm für die Banken bereitgestellt haben, dazu führen, dass die Banken ihrer Kernaufgabe gerecht werden, nämlich den deutschen Mittelstand und die privaten Haushalte mit Krediten zu versorgen.
(Beifall bei der SPD)
An dieser Stelle ist die entscheidende Frage, wie viel Eigenkapital zur Verfügung steht. Eine Bank kann nur so viel Geld in Form von Krediten verleihen, wie sie als Eigenkapital zur Verfügung hat. Das Eigenkapital schmilzt aber derzeit wie das Eis in der Sonne. Auf der einen Seite haben wir den neuesten Bundesbankbericht, der besagt, dass im nächsten Jahr Wertberichtigungen in Höhe von 75 Milliarden Euro im normalen Unternehmenskreditgeschäft auf die Banken zukommen werden. Auf der anderen Seite haben wir eine IWF-Studie, die besagt, dass erst 50 Prozent der toxischen Wertpapiere, die sich im Portfolio der Banken befinden, wertberichtigt sind. Die gesamte Eigenkapitalausstattung der deutschen Banken beträgt 300 Milliarden Euro. Davon drohen knapp 120 Milliarden Euro im nächsten Jahr verlorenzugehen.
Durch die Rating-Migration gibt es schlechtere Kreditbewertungen von Unternehmen, was dazu führt, dass es größere Anforderungen an die Eigenkapitalunterlegung für die Vergabe von Krediten geben wird. Zusätzlich wirken die Basel II-Regelungen, die auch noch verschärft werden. Das heißt: Im Kern sind die deutschen Banken unterkapitalisiert. Die Frage ist daher: Wie löst man das Problem?
Ich habe den Eindruck, dass das in vielen Geschäftshäusern durchaus bekannt ist, man aber die Mittel und Möglichkeiten, die wir zuletzt mit dem Bad-Bank-Gesetz zur Verfügung gestellt haben, nicht in Anspruch nimmt, insbesondere vor dem Hintergrund der Fragen: Wer springt als Erster? Wer gibt zu, dass er nicht mehr kann? Auch unsere Auflagen hinsichtlich der Gehaltsobergrenzen scheinen dazu zu führen, dass von diesem Modell nicht Gebrauch gemacht wird.
Das alles ist für die deutsche Wirtschaft aber dramatisch. Jeder Kredit, der nicht vergeben bzw. nicht prolongiert wird, führt dazu, dass ein Unternehmen in die Insolvenz geht und Arbeitsplätze verloren gehen. Der volkswirtschaftliche Schaden für den Staat, aber auch für die Bevölkerung ist enorm. Er ist in der Summe vielleicht sogar noch viel höher, als das, was wir an Rettungspaketen für den Bankenbereich bisher zur Verfügung gestellt haben. Von daher glaube ich lesen Sie sich die Kommentare der Wirtschaftspresse, Handelsblatt, Financial Times und auch andere Zeitungen, von dieser Woche durch, dass wir vom Prinzip der Freiwilligkeit der Maßnahmen abkehren müssen.
Zum einen brauchen wir Stresstests, mit denen, so wie in den USA geschehen, geprüft und öffentlich sichtbar gemacht wird, wie die Situation bei den einzelnen Banken ist und wie sich die Eigenkapitalsituation darstellt. Zum anderen brauchen wir eine Zuführung von neuem Kapital. Das kann, das bevorzuge ich, durch die Eigentümer sein, das kann aber auch in einem letzten Schritt das Gesetz bietet diese Möglichkeit bereits; wir haben das bei der Commerzbank auch gemacht durch eine Zuführung seitens des Bundes geschehen, die zeitlich befristet wird.
(Dr. Axel Troost (DIE LINKE): Weil sich kein anderer findet!)
Wenn wir dies nicht machen, glaube ich, dass 2010 all die Maßnahmen, die wir im Konjunkturprogramm beschlossen haben und auch wirken, im Nachhinein konterkariert werden und das Potenzialwachstum in Deutschland langfristig sinkt. Daher ist es meines Erachtens notwendig, die bisherigen Maßnahmen ohne ideologische Scheuklappen zu überprüfen und sie im Sinne des deutschen Steuerzahlers, der deutschen Wirtschaft und der deutschen Bevölkerung anzupassen.
Die Banken haben durch das Bad-Bank-Gesetz bereits die Möglichkeit, ihre Bilanzen durch die Auslagerung von verschiedenen Wertpapieren oder auch nicht strategischen Geschäftsbereichen zu bereinigen. Ich warne nur davor, dass man im Fall einer Beteiligung einen eunuchenhaften Habitus annimmt, indem man im Zweifel sagt: beteiligen wir uns zwar, aber wir haben nichts zu sagen. Das ist ein Fehler. Wer Geld in ein Unternehmen investiert, muss letztendlich auch die Geschäftspolitik mitbestimmen und kontrollieren können. Deshalb müssen wir die bisherige Strategie korrigieren.
(Beifall bei der SPD Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Den Fehler haben Sie selbst mitgemacht! – Dr. Axel Troost (DIE LINKE): Ihr habt viel gelernt im letzten halben Jahr!)
Die Bundesregierung plant Herr Kollege Dautzenberg hat das angesprochen, den Verbriefungsmarkt wieder anzukurbeln und die Verbriefungen auch noch staatlich zu garantieren.
(Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Das habe ich nicht gesagt!)
Obwohl man nicht weiß, was in den Papieren steckt.
(Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Ich habe das Gegenteil gesagt! Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU): Sie haben nicht zugehört!)
In der Diskussion geht es darum ich will es für die SPD klar sagen: Wir als Staat haften für Kredite, die dann an Investoren verkauft werden und die Banken haben null Risiko. Diesen Weg halten wir für einen großen Fehler. Ich würde es deshalb begrüßen, wenn die Union, ebenso wie die FDP-Fraktion, dies ablehnt und den Überlegungen, die es in der KfW und im Bundesfinanzministerium gibt, eine Absage erteilt.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
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