„Wohin geht die Linke?“ – Diese und andere Fragen diskutierte ich am 2. November auf Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung Thüringen mit meinem Bundestags- und Haushaltsausschusskollegen Dietmar Bartsch (DIE LINKE) im Erfurter Theater „Die Schotte“.

„Es wäre doch kurios, wenn einer, der im 18. Jahrhundert gelebt hat, im Jahre 2011 Antworten auf die brennenden Fragen geben könnte – selbst wenn er einer der größten Politökonomen und Philosophen aller Zeiten war.“ Bartsch bezeichnet sich dennoch als Marxist, gibt sich aber gleichzeitig als Reformer: Er möchte seine Partei DIE LINKE an die Macht bringen, möchte mitregieren – um den Markt zu regulieren.

Er konstatiert für Europas Linke eine temporäre Sinnkrise: „Was bedeutet heutzutage die Losung ‚Wir treten für eine andere Gesellschaft ein!‘?“. Das vergangene Jahrhundert bezeichnet Bartsch als „sozialdemokratisches Jahrhundert“, in dem die Linke sich in vielen wichtigen sozialen Themen durchgesetzt hat – beispielsweise was Arbeitsbedingungen angeht, soziale Sicherungssysteme oder die Annäherung an Geschlechtergleichberechtigung: Die Menschen seien in der modernen Gesellschaft gesättigt.

Und doch fürchtet er die aktuellen Entwicklungen in der Weltwirtschaft, stellt das Scheitern des Neoliberalismus fest und ruft zu einer gemeinsamen Offensive der linken Bewegungen und Parteien auf, deren Nährboden die Weltwirtschaftskrise gelegt hat. Er tritt deshalb vehement für eine Zusammenarbeit zwischen der SPD und seiner Partei ein und wirbt für Sachlichkeit in der Debatte. Die Abgrenzung ist nicht jeweils zwischen den beiden Parteien zu suchen, sondern sie sollten sich auf den gemeinsamen Hauptgegner – „die Neoliberalen und die Konservativen“ – konzentrieren. Langfristige gemeinsame Projekte müssten für beide Parteien das Ziel sein, vor allem in der Kommunal- und Landespolitik fänden sich viele Anknüpfungspunkte für eine Zusammenarbeit. Dennoch, so waren wir uns einig, besteht für die Bundestagswahl und Regierungsbildung 2013 keine Aussicht auf eine Koalition zwischen DER LINKEN und der SPD – im Wege stehen da die Differenzen über die Außen- und Sicherheitspolitik der Bundesrepublik.

Wieder einmal stellte sich am Mittwoch heraus, dass die Erfurter Bürgerinnen und Bürger vor allem die Wirtschafts- und Finanzkrise und ihre Auswirkungen bewegen. Ich bin der Meinung, dass für die weltweite Regulierung der Finanzmärkte – für die sich auch Dietmar Bartsch stark macht – eigentlich eine Weltwirtschaftsregierung nötig wäre. Da dies utopisch ist, brauchen wir mindestens die Europäische Union als geeignetes Forum. Deswegen sind gerade jetzt die europäische Solidarität und der Zusammenhalt so wichtig!

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