Zu den Ergebnissen des Sondertreffens des Europäischen Rates erklärt der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Carsten Schneider:

Auf dem Sondertreffen des Europäischen Rates haben die Staats- und Regierungschefs die notwendige Handlungsfähigkeit der EU und des Euro-Raumes unter Beweis gestellt. Leider kommen die Beschlüsse entweder zu spät oder sie sind unzureichend.

Die Beteiligung privater Gläubiger ist nicht substantiell und eine faire Lastenteilung zwischen öffentlicher und privater Seite wird daher, anders als vom Deutschen Bundestag gefordert, nicht erreicht. Die Staats- und Regierungschefs haben den Vorschlag des Internationalen Bankenverbandes akzeptiert. Dass der Vorschlag eines betroffenen Lobbyverbandes vollständig umgesetzt wird, ist allein schon ein bemerkenswerter Vorgang. Die Reaktionen der Börsen zeigen auch: Die Finanzkonzerne sind sehr gut dabei weggekommen.

Die geplanten Laufzeitverlängerungen und Zinsabschläge sind unzureichend und werden die Schuldentragfähigkeit für Griechenland nicht ausreichend verbessern, der Schuldenstand sinkt lediglich um 6 Prozent.

Die neuen Kredite des privaten Sektors werden mit steigenden Zinsen ausgestattet und vor allem – von den Euroländern garantiert. Das Risiko der Privaten ist daher minimal. Im Zweifel steht der europäische Steuerzahler bereit. Dies ist nicht nur eine erneute bemerkenswerte Pirouette der Koalition, sondern ein risikoloses Geschäft.

Auch das vorgesehene Rückkaufprogramm ist freiwillig. Mit der Freiwilligkeit der Beteiligung der Finanzwirtschaft hat die Politik seit der Finanzkrise aber keine guten Erfahrungen gemacht. Nur wenn die Handlungslogik der Finanzmärkte durchbrochen wird, kann die Politik ihren Primat wiederherstellen.

Die Bundeskanzlerin hat darüber hinaus das Zeitfenster des Gipfeltreffens für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer nicht genutzt, obwohl zahlreiche Mitgliedsstaaten diese Beteiligung der Finanzwirtschaft nach dem Verursacherprinzip unterstützt haben. Offenbar hat sie sogar diese Einführung aktiv verhindert. Damit ist die Einführung einer internationalen oder wenigstens europäischen Finanztransaktionssteuer nun endgültig in weite Ferne gerückt.

Die Finanzwirtschaft leistet dadurch nun auch keinen Beitrag zu einem notwendigen Investitions- und Wachstumsprogramm für Europa. Die vereinbarte Nutzung der bestehenden EU-Fonds ist kein ausreichender Beitrag für Griechenland oder gar darüber hinaus.

Schließlich hat die Bundeskanzlerin der faktischen Einführung von Eurobonds zugestimmt. Durch die Sekundärmarktaktivitäten des EFSF, die Wirtschaftsminister Rösler am Dienstag noch abgelehnt hatte, wird ein Garantie- bzw. Haftungsverbund geschaffen. Dabei werden diese Möglichkeiten des EFSF auch auf den ESM ausgedehnt und gelten damit unbefristet. Die so genannte Gläubigerbeteiligung soll dagegen auf Griechenland als Einzelfall beschränkt sein.

Für die EZB kommen die Sekundärmarktaktivitäten des EFSF zu spät. Durch die Handlungsschwäche der Bundeskanzlerin im Mai des letzten Jahres wurde die EZB durch Sarkozy und Berlusconi in die größte Bad Bank Europas umgewandelt und damit das Vertrauen in ihre Unabhängigkeit nachhaltig zerstört.

Der EFSF und ESM bekommen zusätzliche Aufgaben, gleichzeitig bleibt das Volumen aber unverändert. Es ist abzusehen, dass diese Mittel nicht dauerhaft ausreichen werden und die nächste Spekulationswelle ob der Leistungsfähigkeit anrollt.

Die Gipfelbeschlüsse enthalten wenig Licht aber viel Schatten. Insbesondere bei der Gläubigerbeteiligung, der Schuldentragfähigkeit und der Einführung von Eurobonds ist die Bundeskanzlerin an ihren eigenen Ansprüchen gescheitert.

 

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