Wie sieht Ostdeutschland 2020 aus? Werden dann noch Unterschiede zu den „alten Bundesländern“ bestehen? Und wenn ja: welche Fördermaßnahmen sind dann noch wirkungsvoll, um langfristig eine Angleichung der Lebensverhältnisse zu erreichen? Diese und ähnliche Fragen durfte ich gestern im wunderschön restaurierten Collegium Maius in Erfurt u.a. mit Jens Bullerjahn, Finanzminister Sachsen-Anhalts diskutieren. Anlass war die Vorstellung einer Studie der Friedrich-Ebert Stiftung zur Zukunft des „Aufbau Ost“.

Zu Beginn stellte Prof. Holtmann, Mitautor der Studie, die zentralen Erkenntnisse seines Forschungsteams dar, das Experten aus Politik und Verwaltung, Industrie- und Handelskammern, Banken und Unternehmen zu ihrer Einschätzung der bisherigen und künftig notwendigen Fördermaßnahmen für Ostdeutschland befragte. Nicht überrascht hat mich, dass die überwältigende Mehrheit auch noch nach dem Ende des Solidarpaktes II 2019 mit einem erheblichen Ost-West-Gefälle in den Lebensverhältnissen rechnet und sich daher für eine Fortsetzung erfolgreicher Förderprogramme einsetzt. Der demographische Wandel sowie die vor allem auf kleine und mittlere Betriebe konzentrierte Unternehmensstruktur in Ostdeutschland wurden immer wieder als Hemmschuh einer schnelleren Angleichung genannt, während insbesondere die modernisierte Infrastruktur als Pluspunkt gesehen wird. Mich hat es auch gefreut zu hören, wie positiv die Befragen die Städtebauförderung bewertet haben, für die ich mich seit Jahren vehement einsetze.

Danach ging Jens Bullerjahn auf die zentralen politischen Herausforderungen der neuen Bundesländer ein: auf der einen Seite seien in Zukunft aufgrund wegfallender Bundes- und EU-Mittel erhebliche Summen einzusparen, auf der anderen Seite könnten nur attraktive Lebensperspektiven junge Menschen nach Ostdeutschland locken und Weggezogene wiedergewinnen. Dafür sei es wichtig, vor allem hochwertige Arbeitsplätze zu fördern und gezielt Schwerpunkte in der Wirtschaftspolitik zu setzen.

Einer der Schwerpunkt muss die Stärkung von Forschung und Entwicklung sein, wie ich in meinem anschließenden Vortrag deutlich machte. Weil in Ostdeutschland noch eine breite Basis an forschungsstarken Großunternehmen fehlt, ist an dieser Stelle die öffentliche Hand in der Pflicht. Um einen Auf- und Ausbau exzellenter Universitäten und Fachhochschulen in den neuen Bundesländern nachhaltig zu ermöglichen, muss das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern schnellstmöglich wieder abgeschafft werden! Für ebenso wichtig halte ich die bisher hocherfolgreiche einzelbetriebliche Förderung, um die Produktivität unserer Betriebe und damit auch die Löhne zu steigern. Nur bei einer angemessenen Bezahlung werden sich junge Menschen langfristig in Thüringen halten lassen!

Diese Punkte waren auch der Konsens in der abschließenden Diskussionsrunde, in der deutlich wurde, dass wir in Ostdeutschland in vielen Bereichen noch einen langen Weg vor uns haben und es immer wieder darum gehen muss, für die Erhaltung sinnvoller und richtiger Fördermaßnahmen zu streiten, dass wir jedoch auch definitiv feststellen können, dass die härtesten Jahre hinter der ostdeutschen Wirtschaft liegen und es allen Grund gibt, positiv und selbstbewusster als bisher in die Zukunft zu blicken.

 

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