Im Mittelpunkt des von der schwarz-gelben Bundesregierung vorgestellten Energiekonzepts steht wie befürchtet der „Ausstieg aus dem Ausstieg“. Die Laufzeit der 17 verbliebenen AKWs sollen durchschnittlich um 12 Jahre verlängert werden. Zu Grunde liegende Studien wurden dabei von den Energieriesen E.ON und RWE mitfinanziert.

Konkret sind, je nach Bauzeit der Anlage, entweder 8 oder 14 Jahre Laufzeitverlängerung vorgesehen. Bei Berechnung dieses Zeitraums gehen CDU/CSU und FDP jedoch von einer selbst auf Grundlage der eigenen Studien als unrealistisch zu beurteilenden Ausbaus der Erneuerbaren Energien aus. Tatsächlich werden die Energiekonzerne in Zukunft die Atomkapazitäten weit weniger ausnutzen, sodass die Meiler bis 2040 am Netz bleiben werden. Kommt es, wie in der Vergangenheit, zu größeren Ausfällen auf Grund von Störfällen, zögert sich der Atomausstieg noch weiter hinaus.

Überhaupt zieht sich die Bevorzugung von wirtschaftlicher Gewinnmaximierung anstatt tragfähiger Sicherheitsüberlegungen durch das gesamte Energiekonzept. So sollen laut einem erst nachträglich auf Druck der Bevölkerung veröffentlichten Geheimabkommens zwischen Bundesregierung und Konzernleitungen die Kosten für Sicherheitsnachrüstungen auf 500 Millionen Euro pro Meiler begrenzt werden – und dies, obwohl das Bundesumweltministerium durchschnittliche Kosten in Höhe von 1,2 Milliarden Euro schätzt. Kosten die Nachrüstungen mehr, erhält der Bund weniger Geld für seinen geplanten Öko-Energiefonds.

In diesem Zusammenhang stellt die Brennelementsteuer nicht viel mehr als eine symbolische Abgabe der Energiekonzerne dar. Erst kürzlich wurde ihr Umfang von 2,3 auf 1,6 Milliarden Euro reduziert und soll nach Plänen der Koalitionäre 2017 ganz wegfallen. Der Mehrgewinn der abgeschriebenen und hochprofitablen Kraftwerke wird somit nicht einmal zur Hälfte abgeschöpft. Bei steigenden Strompreisen in der Zukunft sogar noch weniger. Da die Abgaben steuerlich geltend gemacht werden können, werden Ländern und Kommunen dann Ausfälle in dreistelliger Millionenhöhe bei der Gewerbesteuer zu erwarten haben, die nicht kompensiert werden können.

Für die Thüringer Wirtschaft ist das vorliegende Energiekonzept ein Rückschlag. Die Branche der erneuerbaren Energien stellt mittlerweile über 5.000 Arbeitsplätze sicher, Tendenz stark ansteigend. Nun sind ausbleibende Investitionen zu befürchten, nicht zuletzt durch die geplante Kürzung bei der Förderung von Öko-Energien um 70 auf 380 Millionen Euro im Jahr 2011. Schwarz-Gelb misst mit zweierlei Maß. Milliardengeschenke für die Atomlobby bei gleichzeitigen schmerzhaften Einschnitten bei einer Zukunftsindustrie passen nicht zusammen.

Die Bevölkerung lehnt die Laufzeitverlängerungen mehrheitlich ab. Heftiger Widerstand formiert sich und ein breites gesellschaftliches Bündnis hat für den 18. September eine Anti-Atom-Demo in Berlin unter dem Motto „Schluss jetzt“ angekündigt. Zehntausende Menschen werden das Regierungsviertel einkreisen und deutlich machen, wie weit sich die Lobbypolitik der schwarz-gelben Koalition vom gesellschaftlichen Konsens entfernt hat.

Nicht nur politisch bewegt sich die Bundesregierung auf dünnem Eis. Eine Vielzahl führender Staatsrechtler hält die geplante Umgehung des Bundesrates für schlicht verfassungswidrig. Diese Einschätzung teile ich voll und ganz und werde eine mögliche Klage der SPD-Bundestagsfraktion vor dem Bundesverfassungsgericht selbstverständlich mittragen.

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