Mit großen Worten haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) am Montag ein – nach eigenen Worten – historisches Sparpaket vorgelegt. Warum eigentlich erst jetzt? Dass Sparmaßnahmen notwendig sein würden, war bereits vor der Bundestagswahl 2009 bekannt. Auch die Summen, um die es geht, stehen lange fest. Schon im Januar hätte die Regierung mit der Aufstellung des Haushalts beginnen müssen. Erst jetzt – nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen – damit anzufangen, ist Volksverdummung und Wahlbetrug.
Die Vorgeschichte: Im Jahr 2008 hatte Deutschland unter Finanzminister Peer Steinbrück einen ausgeglichenen Staatshaushalt erreicht. Dann brach die Finanzkrise aus, hervorgerufen durch Spekulationen auf den internationalen Märkten, und riss enorme Löcher in die öffentlichen Haushalte. Hinzu kamen die Steuergeschenke der schwarz-gelben Koalition für Hoteliers und Erben in Höhe von 5 Milliarden Euro. Dies alles hat dazu geführt, dass die Netto-Neuverschuldung in diesem Jahr bei 65 Milliarden Euro liegt. Die Antwort von Schwarz-Gelb darauf lautet jetzt: mit heißer Nadel gestrickte Sparvorschläge – ohne Sinn und Verstand.
Grundsätzlich sind die Bürgerinnen und Bürger zu Einschnitten bereit. Aber nur, solange es dabei gerecht zugeht und die Lasten gleich verteilt werden. Doch die Koalition belastet einseitig die Schwächsten und verschärft so die soziale Spaltung in unserem Land. Die Spekulanten bleiben unberührt. Den starken Schultern wird keinerlei Last aufgelegt.
Bluten müssen dafür Hartz-IV-Empfänger, Rentner und Familien. Also die sozial Schwächsten unseres Landes. Und die Menschen in der Rush-hour des Lebens: Junge Familien, die alles auf einmal unter einen Hut bringen müssen: Kinder, pflegebedürftige Eltern, Beruf und Beziehung. Menschen, die hart arbeiten und sich an die Regeln halten.
Alle Ökonomen warnen, der Konsolidierungskurs dürfe die Wirtschaft nicht ersticken. Genau das droht nun aber, weil Schwarz-Gelb bei denen mit dem kleinsten Portemonnaie kürzt, die jeden verfügbaren Cent auch wirklich ausgeben. Auf diese Weise wird die Binnenkonjunktur abgewürgt. Das Sparpaket ist also nicht nur sozialer, sondern auch ökonomischer Unfug.
Mehr noch: Mit einem Taschenspielertrick gefährdet die Regierung unsere Rentenkasse. Den Zuschuss an die Rentenversicherung für Hartz-IV-Empfänger will die Regierung einfach streichen – mit fatalen Folgen: Erstens wird die Rentenversicherung künftig weniger Geld zur Verfügung haben. Zweitens rutschen die Ärmsten fortan direkt in die Altersarmut ab. Und drittens wird die Rechnung am Ende den Kommunen serviert. Mehr Menschen werden so niedrige Rentenbezüge haben, dass sie auf die Grundsicherung angewiesen sind. Anders formuliert: Damit sie die wahnsinnigen Steuergeschenke für Hoteliers finanzieren kann, plündert die Regierung unsere Rentenkasse!
Obendrein spielt die Koalition mit gezinkten Karten. Konkret benannt hat sie lediglich die Einschnitte im Sozialbereich. Weitere Maßnahmen sind reine Luftbuchungen: Bei manchen ist offen, ob sie sich tatsächlich verwirklichen lassen – etwa die Reform der Streitkräfte. Andere Vorhaben verschieben die Kosten einfach in die Zukunft – beispielsweise das Geld für den geplanten Bau des Berliner Stadtschlosses. Wiederum andere Maßnahmen funktionieren nach dem Prinzip „rechte Tasche, linke Tasche“ – wie die Kürzungen beim Rentezuschuss. Insgesamt belaufen sich die Luftbuchungen auf 40,7 Milliarden Euro. Genau die Hälfte der Sparpaket steht auf tönernen Füßen!
Eigentlich sollte das Sparpaket ein Fahrplan sein für die kommenden drei oder vier Jahre. Stattdessen handelt es sich um ein Sammelsurium ohne jedes erkennbare Konzept. In Europa spielt die Regierung den Zuchtmeister, zuhause führt sie sich auf wie eine Schulklasse außer Rand und Band, der man die schlechtesten Noten ausstellen muss. Für ein europäisches Kernland ist das unwürdig. Wir müssen Vorbild sein für eine glaubwürdige Finanzpolitik.
Die Mitglieder der Koalition haben selbst die richtige Beschreibung gefunden. Die CSU wurde aus Reihen der FDP als „Wildsau“ bezeichnet; die schoss zurück und nannte die FDP „Gurkentruppe“. Besser kann man es nicht ausdrücken.
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