In einem dramatischen Bericht vom 7. Juni auf Bitten des Haushaltsausschusses des Bundestages hat der Bundesrechnungshof auf grobe Mängel bei der Verwaltungs- und Genehmigungspraxis von Mutter-/Vater-Kind-Kuren hingewiesen. „Offensichtlich herrschen Willkür und Intransparenz“, kritisiert Carsten Schneider, Bundestagsabgeordneter für Erfurt und Weimar und haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. „Die Krankenkassen müssen das System gründlich reformieren.“

Die SPD hatte 2007 einen Rechtsanspruch auf Mutter-/Vater-Kind-Kuren durchgesetzt. Nach Einführung der neuen Regelung war die Anzahl der Kuren zunächst sprunghaft angestiegen – von 2006 auf 2008 um 32 Prozent. Diese Zahl zeigt, dass ein großer Bedarf vorhanden ist. Doch seit 2008 kürzen die Kassen ihre Ausgaben drastisch: Die bewilligten Kuren gingen von 2008 auf 2009 um 4,6 Prozent und von 2009 auf 2010 um weitere 10 Prozent zurück. Laut Rechnungshof wird inzwischen jeder vierte Antrag abgelehnt.

Dabei gelten je nach Krankenkasse vollkommen unterschiedliche Entscheidungskriterien. Mehr noch: Die Kassen beurteilen die Fälle anonym nach Aktenlage, anstatt mit den Antragstellern persönlich in Kontakt zu treten. „Krankenkassen beachteten ihre Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, nicht hinreichend“, mahnt der Rechnungshof.

Im Falle der Ablehnung müssen Eltern ihre Anträge in intransparenten und aufwendigen Widerspruchsverfahren durchsetzen. Einige Krankenkassen versehen ihre Bescheide nicht mit Rechtsbehelfsbelehrungen. Teilweise wurden Versicherte dazu gedrängt, ihren bereits eingelegten Widerspruch wieder zurückzunehmen. Schneider: „Die Kassen stellen ihre ökonomischen Interessen über das Wohl der Familien und entscheiden nach Kassenlage. Vor allem die Familien, die die Kuren am nötigsten haben, scheuen häufig vor dem Widerspruchsverfahren zurück.“

In einem Antrag, der in der gestrigen Sitzung des Haushaltsausschusses beraten wurde, fordert die SPD die Bundesregierung auf, die Mutter-/Vater-Kind-Kuren zu stärken. Unter anderem sollen die Entscheidungskriterien vereinheitlicht, die Bewilligungspraxis verbessert und die Qualität der medizinischen Beurteilung der Anträge gewährleistet werden. Union und FDP haben sich Bedenkzeit erbeten, ob sie den SPD-Antrag unterstützen. Am 6. Juli berät der Haushaltsausschuss den Antrag abschließend.

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