SPD-Fraktionsvize Carsten Schneiders warnt davor, das Haushaltsplus des Bundes von 6,2 Milliarden Euro allein für den Schuldenabbau zu verwenden. Stattdessen sollte es mehr Investitionen geben, vor allem in die Infrastruktur, sagte er im DLF. Hier sei das Geld besser angelegt als bei der Tilgung eines „relativ geringen Betrags“.

Carsten Schneider im Gespräch mit Doris Simon

 


Doris Simon: Mitgehört hat SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider, zuständig für Haushalt und Finanzen. Guten Tag, Herr Schneider.

Carsten Schneider: Hallo, Frau Simon.

Simon: Der Bundesfinanzminister will mit dem Haushaltsüberschuss des Bundes Schulden abbauen. Die CSU verlangt Steuererleichterungen. Ist es vernünftig, derzeit nicht alles in die ohnehin schon gut gefüllte Schatulle für die Integration von Flüchtlingen zu stecken?

Schneider: Zunächst einmal freue ich mich, dass wir so gut gewirtschaftet haben. Das ist ein Verdienst in Deutschland insbesondere der Binnennachfrage. Wir haben kaum aus den Exporten heraus Impulse gehabt, sondern von innen heraus: Gute Lohnabschlüsse und auch die öffentlichen Investitionen, die wir getätigt haben, haben dazu beigetragen. Jetzt gilt es zu überlegen, wie wir mit diesen sechs Milliarden Euro umgehen. Sie haben es richtig gesagt: Sie gehen eigentlich in die Rücklage. Einen Teil davon lösen wir im Jahr 2017 auf, dann würde die sinken auf sechs Milliarden und man könnte sie nutzen, um dort Vorsorge zu haben.

Ich persönlich und die SPD ist aber dafür, dass wir die Investitionen in Deutschland stärken. Dort haben wir einen extremen Nachholbedarf. Wir haben fast 130 Milliarden Euro Substanzverzehr jedes Jahr, was wir an die KfW zahlen, wo wir Investitionen brauchen. Ich bedauere sehr, dass das im letzten Jahr auch unserem Verkehrsminister nicht gelungen ist, alle Mittel dort zu binden. Diese Vorfahrt für Investitionen – das ist auch das, wie wir jetzt in die Verhandlungen reingehen werden.

Simon: Die Union möchte ja, ich sagte es eingangs, Schulden abbauen oder Steuererleichterungen. Macht das nicht auch Sinn, angesichts der guten Konjunktur den Bürgern was zurückzugeben?

Schneider: Na ja. Die Frage ist ja, angesichts der sehr guten Konjunkturlage, wie stabilisiert man das auch. Herr Schäuble hat ja auch darauf hingewiesen, dass Steuersenkungen dauerhaft sind, und wir haben es hier mit einmaligen Maßnahmen zu tun, einmaligen Überschüssen. In diesem Jahr 2017 gehen wir auch davon aus, dass das Wachstum runtergeht auf 1,4 Prozent. Wir hatten jetzt 1,9 in 2016. Das sind Unsicherheitsfaktoren, wie auch immer noch die außenpolitische Lage, etwa die gestrige Pressekonferenz von Trump, wo man nicht genau weiß, wo steuern die Amerikaner hin, die ja wichtig für unseren Export sind.

Da neige ich auch eher zur Vorsicht und würde das nicht für dauerhafte Ausgaben oder Mindereinnahmen verbuchen, sondern dann wirklich das, was europäisch geboten ist, nämlich dass wir in Deutschland mehr investieren, das auch zu nutzen, um die öffentliche Infrastruktur voranzubringen. Das ist die Bildungsinfrastruktur, aber auch Straßen etc, weil das hilft, dauerhaft den öffentlichen Kapitalstock zu erhalten. Es geht nicht mal darum, den besser zu machen, sondern das, was wir an Desinvestitionen haben, was wir minderinvestieren gegenüber den Abschreibungen, ist deutlich höher und das ist auch generationsungerecht, denn damit verschieben Sie Lasten für zukünftige Investitionen in die Zukunft und ich würde das gerne heute machen. Das hat auch einen Konjunkturimpuls und so gehen wir auch in die Verhandlungen rein.

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